Paul Ehrlich
* 14. März 1854 in Strehlen
bei Breslau
† 20. August 1915 in Bad Homburg vor der Höhe
ABCD
Deutscher Chemiker, Arzt, Serologe,
Immunologe und
Nobelpreisträger für Medizin.
Ehrlich wurde als zweites Kind von Ismar und Rosa Ehrlich geboren. Der Vater war Likörfabrikant und königlicher Lotterie-Einnehmer in
Strehlen in Niederschlesien. Bereits sein Großvater war dort Destillateur und Schankpächter gewesen und hatte es zu einigem Wohlstand gebracht. Ismar Ehrlich war Vorsteher der jüdischen
Gemeinde. Ehrlich selbst konvertierte später nicht zum Protestantismus, pflegte jedoch die jüdischen Gebräuche und Vorschriften eher nachlässig.
Nach der Volksschule besuchte Ehrlich von 1864 bis 1872 das traditionsreiche Maria-Magdalenen-Gymnasium
in Breslau. Militärdienst hat er nicht geleistet. Ehrlich studierte Medizin in Breslau und Straßburg mit einem kurzen Aufenthalt in Freiburg und wurde 1878 in Leipzig, wohin sein Doktorvater Julius Cohnheim
gewechselt war, promoviert. Nach dem Studium arbeitete er als Assistent und Oberarzt unter Theodor Frerichs
– dem Begründer der experimentellen Klinischen Medizin – an der Charité in Berlin. Die Schwerpunkte seiner wissenschaftlichen Arbeit lagen in dieser Zeit auf Histologie, Hämatologie und Farbenchemie. 1882 wurde ihm der Titel
Professor verliehen.
Weil er sich mit Frerichs’ Nachfolger nicht verstand, stand Ehrlich 1889 ohne Stelle oder Aussicht auf einen Lehrstuhl da. Er richtete sich eine private Praxis und ein kleines Labor in Berlin ein. 1890 wurde er zum außerplanmäßigen Professor an der
Berliner Universität ernannt. 1891 holte ihn Robert Koch
an sein Institut für Infektionskrankheiten, wo er besonders an immunologischen Fragen arbeitete. Für das neue Arbeitsfeld wurde 1896 das Institut für Serumforschung und Serumprüfung gegründet, dessen Direktor Ehrlich wurde. 1899 wurde sein Institut nach Frankfurt am Main verlegt und in Institut für experimentelle Therapie umbenannt.
1904 erhielt Ehrlich eine ordentliche Honorarprofessur in Göttingen. 1906 ermöglichte eine großzügige Spende von Franziska Speyer
den Bau des Georg-Speyer-Hauses
in Frankfurt, dessen Direktor Ehrlich in Personalunion wurde. Als erster entwickelte er
1909 eine medikamentöse Behandlung der Syphilis und begründete damit die Chemotherapie. Außerdem war er entscheidend an der Entwicklung des Heilserums gegen Diphtherie beteiligt, die üblicherweise Emil von Behring
alleine zugeschrieben wird. Schon 1908 wurden seine immunologischen Arbeiten mit dem Nobelpreis ausgezeichnet.
Ehrlich wurde 1914 zum ordentlichen Professor für Pharmakologie an der neu gegründeten Frankfurter Universität berufen.
1883 heiratete Ehrlich in der Synagoge von Neustadt
in Oberschlesien Hedwig Pinkus , die Tochter eines schlesischen Textilfabrikanten.
1884 kam die Tochter Stefanie, 1886 die zweite Tochter Marianne zur Welt. Die Mitgift aus der Ehe
bzw. das Geld seines Schwiegervaters enthob Ehrlich aller finanziellen Schwierigkeiten, sodass er auch Perioden
ohne Anstellung überbrücken konnte.
Im Ersten Weltkrieg unterzeichnete Ehrlich den „Aufruf an die
Kulturwelt“. Im August 1915 erlitt Ehrlich einen Herzinfarkt, dem er
einige Tage später erlag. Kaiser Wilhelm II.
schrieb in seinem Beileidstelegramm: „Ich beklage mit der gesamten gebildeten Welt den Tod dieses um die medizinische Wissenschaft und die leidende Menschheit so hochverdienten Forschers, dessen Lebenswerk ihm bei der Mit- und Nachwelt unvergänglichen Ruhm und Dank sichert.“ Ehrlich wurde auf dem jüdischen Friedhof an der Rat-Beil-Straße in Frankfurt am Main begraben
Weitere
Infos:
An die Kulturwelt! Ein Aufruf
Wir als Vertreter deutscher Wissenschaft und Kultur erheben vor der
gesamten Kulturwelt Protest gegen die Lügen und Verleumdungen, mit denen
unsere Feinde Deutschlands reine Sache in dem ihm aufgezwungenen schweren
Daseinskampfe zu beschmutzen trachten. Der eherne Mund der Ereignisse hat
die Ausstreuung erdichteter deutscher Niederlagen widerlegt. Um so
eifriger arbeitet man jetzt mit Entstellungen und Verdächtigungen. Gegen
sie erheben wir laut unsere Stimme. Sie soll die Verkünderin der Wahrheit
sein.
Es ist nicht wahr, dass Deutschland diesen Krieg verschuldet hat.
Weder das Volk hat ihn gewollt noch die Regierung noch der Kaiser. Von
deutscher Seite ist das Äußerste geschehen, ihn abzuwenden. Dafür
liegen der Welt die urkundlichen Beweise vor. Oft genug hat Wilhelm
II. in den 26 Jahren
seiner Regierung sich als Schirmherr des Weltfriedens erwiesen; oft genug
haben selbst unsere Gegner dies anerkannt. Ja, dieser nämliche Kaiser,
den sie jetzt einen Attila zu
nennen wagen, ist jahrzehntelang wegen seiner unerschütterlichen Friedensliebe von
ihnen verspottet worden. Erst als eine schon lange an den Grenzen lauernde
Übermacht von drei Seiten über unser Volk herfiel, hat es sich erhoben
wie ein Mann.
Es ist nicht wahr, dass wir freventlich die Neutralität Belgiens
verletzt haben. Nachweislich waren Frankreich und England zu ihrer
Verletzung entschlossen. Nachweislich war Belgien damit einverstanden.
Selbstvernichtung wäre es gewesen, ihnen nicht zuvorzukommen.
Es ist nicht wahr, dass eines einzigen belgischen Bürgers Leben
und Eigentum von unseren Soldaten angetastet worden ist, ohne dass die
bitterste Notwehr es gebot. Denn wieder und immer wieder, allen Mahnungen
zum Trotz, hat die Bevölkerung sie aus
dem Hinterhalt beschossen, Verwundete verstümmelt, Ärzte bei der Ausübung
ihres Samariterwerkes ermordet.
Man kann nicht niederträchtiger fälschen, als wenn man die Verbrechen
dieser Meuchelmörder verschweigt, um die gerechte Strafe, die sie
erlitten haben, den Deutschen zum Verbrechen zu machen.
Es ist nicht wahr, dass unsere Truppen brutal gegen Löwen gewütet
haben. An einer rasenden Einwohnerschaft, die sie im Quartier heimtückisch
überfiel, haben sie durch Beschießung eines Teils der Stadt schweren
Herzens Vergeltung üben müssen. Der größte Teil von Löwen ist
erhalten geblieben. Das berühmte Rathaus steht gänzlich unversehrt. Mit
Selbstaufopferung haben unsere Soldaten es vor den Flammen bewahrt. –
Sollten in diesem furchtbaren Kriege Kunstwerke zerstört worden sein oder
noch zerstört werden, so würde jeder Deutsche es beklagen. Aber so wenig
wir uns in der Liebe zur Kunst von irgend jemand übertreffen lassen, so
entschieden lehnen wir es ab, die Erhaltung eines Kunstwerks mit einer
deutschen Niederlage zu erkaufen.
Es ist nicht wahr, dass unsere Kriegführung die Gesetze des Völkerrechts missachtet.
Sie kennt keine zuchtlose Grausamkeit. Im Osten aber tränkt das Blut der
von russischen Horden hingeschlachteten Frauen und Kinder die Erde, und im
Westen zerreißen Dumdumgeschosse unseren
Kriegern die Brust. Sich als Verteidiger europäischer Zivilisation zu gebärden,
haben die am wenigsten das Recht, die sich mit Russen und Serben verbünden
und der Welt das schmachvolle Schauspiel bieten, Mongolen und Neger auf
die weiße Rasse zu hetzen.
Es ist nicht wahr, dass der Kampf gegen unseren sogenannten Militarismus kein
Kampf gegen unsere Kultur ist, wie unsere Feinde heuchlerisch vorgeben.
Ohne den deutschen Militarismus wäre die deutsche Kultur längst vom
Erdboden getilgt. Zu ihrem Schutz ist er aus ihr hervorgegangen in einem
Lande, das jahrhundertelang von Raubzügen heimgesucht wurde wie kein
zweites. Deutsches Heer und deutsches Volk sind eins. Dieses Bewusstsein
verbrüdert heute 70 Millionen Deutsche ohne Unterschied der Bildung, des
Standes und der Partei.
Wir können die vergifteten Waffen der Lüge unseren Feinden nicht
entwinden. Wir können nur in alle Welt hinausrufen, dass sie falsches
Zeugnis ablegen wider uns. Euch, die Ihr uns kennt, die Ihr bisher
gemeinsam mit uns den höchsten Besitz der Menschheit gehütet habt, Euch
rufen wir zu: Glaubt uns! Glaubt, daß wir diesen Kampf zu Ende kämpfen werden als ein
Kulturvolk, dem das Vermächtnis eines Goethe,
eines Beethoven,
eines Kant ebenso
heilig ist wie sein Herd und seine Scholle.
Dafür stehen wir Euch ein mit unserem Namen und mit unserer Ehre!“
Unterzeichnende:
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