* 17. Oktober 1815 in Lübeck
† 6. April 1884 ebenda
Deutscher Dichter.
Geibel war das siebte von acht Kindern in einem reformierten Pfarrhaus. Nach dem Gymnasium in Lübeck begann er 1835 in Bonn ein Theologiestudium, wechselte aber bald zur klassischen Philologie. Ab 1836 war er in Berlin, dort lernte er Chamisso
und Eichendorff
kennen.
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1838 nahm er auf Vermittlung
Bettina von Arnims
und Savignys
eine Stelle als Hauslehrer beim russischen Gesandten in Athen an. Bevor er nach Griechenland abreiste, stellte Geibel den Antrag, an der Universität Jena zu promovieren.
Geibel erhielt den Doktortitel in absentia, ohne eine schriftliche
Dissertation. Das Griechenland-Erlebnis wurde bestimmend für seine klassische Dichtung. Nach seiner Rückkehr (1840) folgte er zahlreichen Einladungen und lebte ohne Beruf vorübergehend
auf Schloss Escheberg
bei Zierenberg in Hessen, wo er sich der spanischen Literatur zuwandte, bei Freiligrath
in Sankt Goar, bei Justinus Kerner
in Weinsberg, auf dem Gut Peterwitz von Moritz Graf von Strachwitz
in Schlesien und auf dem schlesischen Schloss des Fürsten Carolath ; dazwischen hielt er sich wiederholt für kürzere oder längere Zeit in Lübeck und Berlin auf.
In dieser Zeit veröffentlichte er die ersten Gedichte; insbesondere die patriotisch-preußenfreundlichen fanden beim preußischen König Friedrich Wilhelm IV.
großen Anklang. 1842 erhielt Geibel von ihm eine lebenslange Pension von 300 Talern. Diese ermöglichte ihm, die ungeliebte Hauslehrertätigkeit aufzugeben und sich nur noch seiner dichterischen Neigung und ausgedehnten Reisen zu widmen.
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Im Forsthaus Waldhusen
im Lübecker Stadtteil Kücknitz verbrachte Geibel mehrmals seine Sommerfrische und schuf dort 1847 das Gedicht
'Aus dem Walde'. 1851 verliebte er sich in die 17 Jahre alte Amanda Trummer, die er 1852 heiratete.
Im gleichen Jahr erhielt er eine Ehrenprofessur für deutsche Literatur und Poetik von seinem Bewunderer,
König Maximilian II . Geibel zog nach München und unterrichtete dort bis 1868. 1853 wurde
seine Tochter Ada Marie Caroline geboren. Schon zwei Jahre später starb seine Frau
im November 1855. Nach dem Tode Maximilians II. 1864 wurde Geibel wegen seiner preußenfreundlichen Gesinnung
angefeindet. Ein Huldigungsgedicht auf den preußischen König Wilhelm I.
(1868) führte zur Kündigung des bayerischen Ehrensolds durch Ludwig II. .
Geibel verließ München und kehrte nach Lübeck zurück. Er erhielt alsbald einen
Ehrensold des Königs von Preußen.
In den Jahren 1873 bis 1875 verbrachte er die Sommer in Schwartau, wo er in der näheren Umgebung wanderte. Geibel starb
im Alter von 68 Jahren in Lübeck, wo er als Stadtdichter verehrt und zum Ehrenbürger ernannt worden war. Seine Grabstelle befindet sich auf dem
Burgtorfriedhof.
Geibels besondere Neigung galt der Heldenballade, deren Stoffe er gleichermaßen aus der antiken und der germanischen Geschichte und
Sage nahm. Seine ungewöhnliche Gabe der An- und Nachempfindung kam seiner von seinen Anfängen bis in die letzten Lebensjahre eifrig betriebenen und zu hoher Meisterschaft ausgebildeten Übersetzertätigkeit zugute. Geibels Volkstümlichkeit ist, trotz über
3.600 Vertonungen seiner Gedichte, im 20. Jahrhundert schnell verblasst. Sie ist nur noch auf wenige Lieder beschränkt, vor allem „Wer recht in Freuden wandern
will“ (1839) und „Der Mai ist gekommen“ (1841). Dagegen hat sich seine Kunst der Übersetzung antiker und romanischer Lyrik als bleibend erwiesen: vieles davon ist bis heute unübertroffen.
Weitere
Infos:
ABCD Zitate
Am guten Alten
in Treue halten;
am kräftigen Neuen
sich stärken und freuen
wird niemand gereuen.
Leere Drohung, übler Brauch,
wird des Feindes Hohn nur schärfen;
Kannst du keine Blitze werfen,
Freund, so laß das Donnern auch!
Darnach sollst du trachten,
Eigne Rechte mild zu üben,
Fremde Rechte streng zu achten!
Eines ist schlimmer noch als sündigen:
Sünd' als Tugend zu verkündigen.
Genießt die Minute, solange sie glüht! Der Frühling verwelkt, und die Liebe verblüht.
Klug ist, wer stets zur rechten Stunde kommt,
doch klüger, wer zu gehen weiß, wenn es frommt.
Wer nicht hören will, muß fühlen.
Klug ist, wer stets zur rechten Stunde kommt,
doch klüger, wer zu gehen weiß, wenn es frommt.
Am deutschen Wesen soll die Welt genesen.
Wer recht in Freuden wandern will,
der geh' der Sonn' entgegen.
Eine Freiheit, die ich begehre:
Daß man im Menschen Gottes Bildnis ehre.
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Der Mai ist gekommen
Der Mai ist gekommen, die Bäume schlagen aus,
Da bleibe, wer Lust hat, mit Sorgen zu Haus;
Wie die Wolken dort wandern am himmlischen Zelt,
So steht auch mir der Sinn in die weite, weite Welt.
Herr Vater, Frau Mutter, daß Gott euch behüt!
Wer weiß, wo in der Ferne mein Glück mir noch blüht!
Es gibt so manche Straße, die nimmer ich marschiert,
Es gibt so manchen Wein, den nimmer ich probiert.
Frisch auf drum, frisch auf drum, im hellen Sonnenstrahl
Wohl über die Berge, wohl durch das tiefe Tal!
Die Quellen erklingen, die Bäume rauschen all,
Mein Herz ist eine Lerche und stimmet ein mit Schall.
Und abends im Städtlein da kehr′ ich durstig ein:
"Herr Wirt, Herr Wirt, eine Kanne blanken Wein!
Ergreife die Fiedel, du lust′ger Spielmann du,
Von meinem Schatz das Liedel sing′ ich dazu."
Und find′ ich keine Herberg′, so lieg′ ich zu Nacht
Wohl unter blauem Himmel, die Sterne halten Wacht:
Im Winde die Linde, die rauschet mit Gemach,
Es küsst in der Früh′ das Morgenrot mich wach.
O Wandern, o Wandern, du freie Burschenlust!
Da weht Gottes Odem so frische in die Brust;
Da singet und jauchzet das Herz zum Himmelszelt:
Wie bist du so schön, o du weite, weite Welt!