Nordenham - Rudolf Spohr galt als großer Kulturförderer und angesehener Bürger der Stadt Nordenham. Der 2006 verstorbene Ehrenvorsitzende der Nordenhamer Goethe-Gesellschaft steht
jetzt in dem Verdacht, Nationalsozialist gewesen zu sein. Seine Tochter Bettina und sein Enkelsohn Johannes
(Bild unten links) haben
ihre Familiengeschichte öffentlich gemacht. In einer Sendung des Deutschlandradios, in der es um „Dachbodenfunde“ mit Hinterlassenschaften aus der
NS-Zeit ging, haben die beiden über die Vergangenheit in ihrer Familie
berichtet .
Johannes Spohr
bezeichnet sich als Historiker und Journalist ,
seinen Großvater als Arschloch, einfach widerlich, in jeder Hinsicht, ob geschäftlich oder privat.
Nach dem Tod Rudolf Spohrs im Alter von 92 Jahren in Nordenham hatten die beiden
Nachkommen in dessen Hinterlassenschaft gewühlt und viele Schriftstücke, Fotos und Orden aus den Kriegsjahren entdeckt. Auch Adolf Hitlers
Buch „Mein Kampf“ und eine Wehrmachtsuniform waren dabei.
Rudolf Spohr
gehörte als Ordonnanzoffizier dem Oberkommando des Heeres an. Bis in die Achtzigerjahre
reiste er regelmäßig zu Kameradentreffen aus diesem Umfeld.
Erfurt war Spohrs Geburtsstadt. 1946 ließ er sich mit seiner Frau Eva in Nordenham nieder. Als gelernter Kaufmann stieg er zum Geschäftsführer eines Unternehmens in Nordenham auf.
Im Lions Club Nordenham gehörte Spohr zu den Gründungsmitgliedern. Von 1956 bis 2000 war er Beisitzer im Kulturausschuss des Stadtrates und von 1972 bis 2002 Vorsitzender des Kulturrings.
Johannes Spohr
info@preposition.de
Jetzt müssen sich die
Goethe-Gesellschaft , der Lions Club und auch die Stadt Nordenham die Frage stellen, ob ihre Ehrenbekundungen gegenüber Rudolf Spohr noch tragbar sind.
Der Vorstand der Goethe-Gesellschaft hat diese Frage bereits beantwortet: „Wir distanzieren uns von dem Ehrenvorsitzenden Rudolf Spohr“, sagte Burkhard Leimbach,
der seit 1994 an der Spitze der Nordenhamer Ortsvereinigung steht und in dieser Funktion Spohrs
Nachfolger ist. Er will Spohr im Januar 2015 den Ehrenvorsitz
aberkennen. Spohr war von 1952 bis 1966 zunächst der 2. und von 1967 bis 1993 der 1. Vorsitzende der Nordenhamer Goethegesellschaft.
Diese hat zurzeit 330 Mitglieder. Die Goethe-Gesellschaft in Nordenham lässt sie sich von Goethes weltoffenem
Denken leiten.
Spohrs großes Engagement für das Kulturleben hatte die Stadt Nordenham dazu veranlasst, den ehemaligen Geschäftsführer des Stinnes-Reifendienstes 1994 mit der Ehrenplakette in Gold auszuzeichnen. Zudem erhielt er eine Ehrung durch das Land Niedersachsen.
Im Rathaus gibt es Überlegungen, Spohr posthum die Ehrenplakette zu entziehen,
sagte der stellvertretende Verwaltungschef Carsten Seyfarth. Laut Ehrenordnung der Stadt Nordenham ist das möglich, wenn ein
unwürdiges Verhalten vorliegt.
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