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Sonntag, 2. Februar 2014

Berlin - Artur "Atze" Brauner, 95, ist Filmproduzent, Berliner Gesellschaftsgröße und prominenter CDU-Spender. Jetzt ermittelt die Staatsanwaltschaft Köln gegen Brauner wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung. Brauners Name war auf einer Schweizer Steuer-CD mit Daten der Leumi-Bank aufgetaucht, die die Finanzverwaltung Nordrhein-Westfalens angekauft hatte. Die Bank Leumi ist die zweitgrößte Bank Israels. Seit 2014 läuft ein Verfahren wegen Steuerhinterziehung gegen mehr als 100 deutsche Kunden der Bank.



Nach Erkenntnissen der Steuerfahnder hat die Berliner Finanzverwaltung bisher bei Brauner auf Steuern in zweistelliger Millionenhöhe verzichtet. Brauner sagte, seine Verbindung zur Leumi-Bank sei den Berliner Finanzbehörden seit langem bekannt. Brauner bestätigte auch den Verzicht der Berliner Finanzverwaltung auf Steuerzahlungen in zweistelliger Millionenhöhe.

Brauner ist Sohn des Lodzer jüdischen Holzgroßhändlers Mosche Brauner und seiner Frau Brana. Der Vater stammte aus Kattowitz, die Mutter aus Odessa. In Lodz machte er sein Abitur. Mit jungen Zionisten reiste er 1936 in den Nahen Osten und nahm an einer Iran-Expedition teil, wo die Gruppe zwei Dokumentarfilme drehte: "Das tote Meer" und "Schätze des Nahen Ostens". Danach studierte er bis zum Beginn des Zweiten Weltkrieges am Polytechnikum Lodz. Aus seinem Leben und Überleben in den Jahren des Zweiten Weltkrieges macht Brauner bis heute ein Geheimnis. Nur soviel ließ er durchblicken: Er überlebte den HOLOCAUST, weil er vor dem geplanten Abtransport aus Lodz 1940 in das Warschauer Ghetto floh und sich dann mit seinen Eltern und seinen
vier Geschwistern in den Wäldern an der Grenze zur Sowjetunion bzw. in der Sowjetunion versteckte. Die deutsche Besetzung ab 1941 überlebte er unerkannt. Allerdings sei er auch durch einen gewaltsamen Ausbruch aus einem KZ entkommen und habe sich zwischen den vordringenden russischen und den zurückweichenden deutschen Truppen durchgeschlagen. 49 seiner jüdischen Verwandten seien dem HOLOCAUST zum Opfer gefallen. Seine Eltern und drei seiner vier Geschwister wanderten 1946 nach Israel aus. Er selbst kam Anfang 1946 nach Berlin in eine Ausländerunterkunft. 

Brauner hatte nichts bei sich als einen Pappdeckelkoffer mit ein paar Wertsachen, die von seinen Eltern 1939 vor dem Einmarsch der Deutschen vergraben worden waren und die Artur Brauner heimlich wieder ausgebuddelt hatte. In den ersten Monaten profitierte er von den verwandtschaftlichen Beziehungen, die er dadurch gewonnen hatte, dass die Schwester seiner Frau sich mit Berlins ungekrönter Schwarzmarkt-Größe Joseph Einstein verheiratete. Der Jude Einstein, der ebenfalls aus Polen stammte, rührte sich hinter den Kulissen von Berlins berüchtigter Waitzstraße so emsig, dass der Familienverband Brauner-Einstein sich bald in einer Dahlemer Villa etablieren konnte. Brauner lebte dort mit seiner Frau Theresa Albert, genannt Maria, einer als Christin getarnte Jüdin aus Lemberg, die er am 28. Februar 1947 heiratete. Das Paar bekam zwei Söhne und zwei Töchter.

Doch während Schwager Einstein schweizerische Liebesgabenpakete waggonweise verschob, strebte Brauner mit anderen Mitteln nach Geld. Er wollte einen Film über das drehen, was er in Konzentrationslagern, in armseligen Verstecken und auf der Flucht vor den Deutschen und den Sowjets erlebt hatte. Als drei Berliner Produzenten in Tempelhof das Geld für einen Film ausging, erschien Brauner mit einem Koffer voll Reichsmark, ließ sich eine ansehnliche Gewinnquote überschreiben und hatte nach der Uraufführung des Films mehr Geld, als er zuvor in Tempelhof abgeladen hatte. 

Den nächsten Film "Herzkönig" mit Sonja Ziemann drehte er bereits in eigener Regie. Er hatte im November 1946 im Souterrain der Familien-Zentrale seine "Central Cinema Company" etabliert. Dann machte er mit Unterstützung der sowjetischen Militärbehörden in der sowjetischen Zone den halb autobiographischen KZ-Film "Morituri", der finanziell ein herber Reinfall wurde. Jedoch kam Brauner 1948 durch eine Vorzugsbehandlung des Amtsgerichts Charlottenburg so gut durch die Währungsreform, dass er weitermachen konnte. Mit seinem Drang zur Kunst, seinem Hang zum Kitsch, vor allem aber mit seinem ausgeprägten Geschäftssinn, wurde Brauner zu einem jener typischen Ur-Filmemacher aus den osteuropäischen Grenzgebieten, die in den ersten fünfzig Jahren des 20. Jahrhunderts die Kinematographie zwischen Hollywood und Babelsberg beherrschten.

Während der Berliner Blockadezeit errichtete Brauner in Spandau in den leerstehenden Schuppen einer ehemaligen Giftgasfabrik eine Film- Produktionsstätte. Mit ruppigen Geschäftsmethoden gelang es ihm, seine Filme günstig herzustellen und zu vermarkten. Deswegen wurde er Dauerkunde bei den Berliner Arbeitsgerichten, wo er seine Klagen und Plädoyers selbst vortrug und die Richter beschwor, um Firma, Frau und Kinder willen ihm seine Gelder zu belassen. In den Staaten des Ostens konnte er sich ohne Dolmetscher bewegen und arrangierte dort Gemeinschaftsfilm-Projekte. 

Mit 'Pi-Pa-Po'-Filmen wie dem Nackedei-Ringelreigen über die Freikörperkultur-Bewegung ("Das verbotene Paradies") durchstand er die Krisenjahre 1951/52, obwohl er nicht mehr auf die Hilfe von Schwager Einstein rechnen konnte. Der war schon vor der Währungsreform 1948 in Moabit eingelocht worden, nachdem der Berliner Polizei aufgefallen war, dass die an die Immanuel-Kirchengemeinde adressierten schweizerischen Kaffee-, Schokoladen- und Fettladungen niemals dort ankamen. Nach drei Wochen war Einstein allerdings schon wieder aus der Haft entwichen. Er hatte die Gefängnisbeamten mit dreißigtausend Mark bestochen und war am hellichten Morgen durch sechs sonst fest verriegelte Türen in die Freiheit spaziert. Über den Ostsektor setzte er sich nach Südamerika ab. Bis heute ist offiziell nicht klar, wer Einstein die Bestechungsgelder zugeschoben hat.

Nach Filmen wie "Hollandmädel" und "Der Zarewitsch" realisierte Brauner sein Filmprojekt "Die Ratten" nach Gerhart Hauptmann für 1,2 Millionen Mark, das ihm über 3 Millionen Mark und diverse Preise einbrachte. Im Laufe der Zeit realisierte Brauner über 500 Filme, die Hälfte davon in eigener Produktion. Mehr als 20 Filme behandelten den HOLOCAUST, darunter 'Hitlerjunge Salomon' .

Nach der Gründung des Staates Israel, für den der strenggläubige Brauner sich von Anfang an einsetzte, kaufte er dort viel Land. Seine übrigen offenen und versteckten Profite legte er in in seinen Ateliers oder Immobilien an. Beispielsweise gehörten Brauner das Hollywood-Media-Hotel am Kurfürstendamm und das Kino Colosseum mit seinen zehn Sälen. Anfang der 1970er schloss Brauner seine Studios und entließ die letzten verbliebenen 85 Angestellten. Die Studios bestehen weiterhin und sind unter dem Namen Filmatelier Haselhorst noch in Betrieb. Statt einer kontinuierlichen Filmproduktion verlegte sich Brauner mit der CCC auf einzelne Projekte. Im Jahr 2001 zählte die Hamburger Lizenzpostille 'Der Spiegel' Brauner als Herr des Ku'damms mit einem Vermögen von 1,5 Milliarden Mark zu den reichsten Deutschen.

Der Berliner Neubauboom ließ den Wert von Brauners Immobilien-Bestand schrumpfen; zahllose Berliner zogen ins Umland, Leerstand und Mietrückstände machten Brauner zu schaffen. 2004 geriet Brauners Immobilienfirma in finanzielle Schwierigkeiten. Nach der Zwangsversteigerung eines seiner Wohnhäuser und nach Pfändungen durch das Finanzamt im Jahr 2005 drohten ihm Einnahmenverluste in Höhe von 25 Millionen Euro, da die krisengebeutelte Cinemaxx-Gruppe wegen der von Brauner zu verantwortenden baulichen Mängeln die Mietzahlungen einstellte. Das Finanzamt forderte rückwirkend mehr als sechs Millionen Euro Gewerbesteuer und ließ die Gehälter von Brauners Geschäftsführern pfänden. Schließlich erwirkte ein Gegner sogar kurzfristig einen Haftbefehl gegen Brauner. Das wollte Brauner nicht akzeptieren, verlor jedoch einen Rechtsstreit darüber vor dem Landgericht. 

Auch 2008 sah Brauner wieder sein Vermögen in Gefahr, rund 60 Millionen Schulden drückten ihn, von den rund 70 Immobilien, die er vor der Wende besaß, waren nur noch 22 übrig. Brauner sah sich von dem Bankhaus Goldman-Sachs betrogen und stritt erbittert mit der HypoVereinsbank . Schon vorher gab es Gerüchte über falsche Abrechnungen, eine Scheinentführung und Kunstschmuggel, Gerüchte, in denen Brauner eine von rechten Kreisen ausgelöste üble Diskreditierung sah. 

 

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