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Samstag, 10. Mai 2014

Münchner Dullis möchten Marmortafel zum Gedenken an ukrainischen Freiheitskämpfer beseitigen.

Der KGB-Agent Bogdan Staschinskij ermordete am 15. Oktober 1959 den ukrainischen Freiheitskämpfer Stepan Bandera (obere Abbildung) im Eingang seines Münchner Wohnhauses in der Kreittmayrstraße mit einer pistolenähnlichen Waffe, die Blausäuregas versprühte. Als er aufgefunden wurde, lebte er noch, starb aber wenig später. Am 20. Oktober wurde er auf dem Münchener Waldfriedhof bestattet. Der Täter Staschinskij wurde 1962 zu acht Jahren Zuchthaus verurteilt. Bandera war Leiter der Organisation der ukrainischen Nationalisten (OUN). Er führte von 1940 bis zu seinem Tod die OUN. Sein Nachname bedeutet „Fahne“, für die Ukrainer ist er ein Symbol der Unabhängigkeit der Ukraine. Bandera flüchtete im Herbst 1946 über Österreich nach München, wo er sich unter einem falschen Namen jahrelang vor dem sowjetischen Geheimdienst KGB versteckte.

Bandera wurde im galizischen Staryj Uhryniw unter der Österreich- Ungarischen Monarchie in der Familie eines griechisch-katholischen Priesters im Jahre 1909 geboren. Später im unabhängigen Polen beendete Bandera das Gymnasium und ging zum Studium an die Universität Lemberg. Aber er hat dieses nicht beendet, weil er zur OUN kam. Im Alter von 24 Jahren war er bereits in die leitende Ebene der OUN aufgestiegen und führte seit 1933 den Teil der OUN, welcher in Polen operierte. In 1934 organisierte Bandera ein Attentat auf den polnischen Innenminister Boleslaw Pierazki. Dafür wurde er zur Todesstrafe verurteilt, die später in eine lebenslange Gefängnisstrafe umgewandelt wurde. 

Nach dem Ersten Weltkrieg wurde die Ukraine unter 4 Staaten aufgeteilt. Die
Zentral- und Ostgebiete wurden ein Teil der UdSSR. Bis heute ist der 'Holodomor' ein ukrainisches Trauma : eine von den Sowjets provozierte 
Hungersnot in den Jahren 1932 und 1933, der Millionen Ukrainer zum Opfer fielen. Die Westukraine, d. h. Galizien und Wolhynien, wurde von Polen annektiert. Die Nordbukowina und Südbessarabien wurde ein Teil von Rumänien, und die Karpato-Ukraine, kam zur Tschechoslowakei. Ehemalige ukrainische Offiziere gründeten 1920 in Prag eine Organisation, die UWO [Ukrains’ka wijs’kowa orhanizazija = Ukrainische Militärorganisation]. 1929 wandelte sich diese zur Partei OUN. Mitte der 1930er Jahre zählte die OUN etwa 20.000 Mitglieder.

In den Jahren 1920-1939 verübten die UWO bzw. OUN etwa 60 Anschläge gegen ukrainische Verräter und polnische Amtsträger. Die OUN forderte für die Ukraine eine eigene Sprache und ein eigenes Territorium. 1938 hatte sich der Sowjetagent Pawel Sudoplatow in führende Kreise der OUN eingedrängt und den Führer der OUN, Oberst Eugen Konowalets , in Rotterdam in die Luft gesprengt. Danach wurde die OUN von Oberst Andrej Melnik geleitet.

Im Jahre 1939, als Polen von Deutschland und Russland besetzt wurde, wechselte Bandera zur deutschen Seite nach Krakau über. Wegen seines Einsatzes für die ukrainische Unabhängigkeit wurde er im Juli 1941 von den Deutschen in Hausarrest und danach ins KZ Sachsenhausen geschickt. Aus diesem wurde er erst im Oktober 1944 freigelassen, nachdem die Führung des Dritten Reichs ihre Einstellung zur ukrainischen Frage verändert hatte.
 
Auf dem Territorium der Westukraine bestand während des Zweiten Weltkrieges weiterhin eine starke nationale Untergrundbewegung, deren Hauptfeind die Sowjets blieben. 1943 gründete die OUN eine Ukrainische Aufstandsarmee UPA aus einem Teil der örtlichen ukrainischen Polizei und Freiwilligen aus den Dörfern. Die UPA führte einen Guerilla-Krieg gegen die deutschen Besatzer, die sowjetischen Partisanen und die polnische Partisanen–Heimatarmee. Im Sommer 1944 kämpften in ihren Reihen etwa 25.000 Personen. Zu diesem Zeitpunkt brachte die OUN-Führung die Zusammenarbeit mit den deutschen Truppen in Gang und erhielt von diesen Waffen gegen Nachrichten über die Rote Armee und Lebensmittel.  

Ab 1945 führten Verbände der des NKWD militärische Operationen gegen Die UPA durch: Razzien, Durchkämmung der Wälder und die Jagd auf UPA-Angehörige. Auch wenn die Partisanen-Einheiten
zerschlagen wurden, für die Nationalisten war es nicht schwierig, andere Bauern zu mobilisieren und in die Wälder zu entsenden. Deshalb entschieden sich die Kommunisten, die UPA mit NKWB-Agenten zu bekämpfen. Diese
hatten Agenten u.a. die Aufgabe, die Nationalisten, besonders deren Leiter, umzubringen. Die örtliche Bevölkerung zwang man zum bewaffneten Kampf gegen die Nationalisten. Gleichzeitig nahm die Unterstützung der Bevölkerung für die Aufständischen ab. Sondergruppen des NKWD tarnten sich als UPA-Kämpfer, suchten die Dörfer auf, ermordeten Gruppen von Bauern und diskreditieren in solcher Weise die UPA. Die Einwohner von zahlreichen mit der UPA sympathisierenden Dörfern wurden nach Sibirien oder Kasachstan deportiert.
 
In der ersten Hälfte des Jahres 1946 erlitt die UPA große Verluste und verlor bis zu 50% ihres Bestands. Danach agierten nur noch kleine Gruppen von 3 bis 10 Leuten. Im September 1949 gab die UPA-Führung den Befehl über ihre Selbstauflösung bekannt. Danach gab es keinen Guerilla-Krieg mehr, sondern nur noch einzelne Aktionen aus dem Untergrund. Den letzten Kommandeur der UPA brachten die NKWD-Agenten im April 1954 zur Strecke.
In den Jahren 1944 bis 1952 sollen in den westlichen Regionen der Ukraine etwa 135.000 Personen verhaftet, etwa 155.000 getötet und etwa 230.000 deportiert worden sein.
 
Im Jahre 1991 bekam die Ukraine ihre Unabhängigkeit als Folge des
Zerfalls der Sowjetunion. Der Kampf der UPA ist dort nicht vergessen. UPA-Veteranen bekommen in der Westukraine einen Zuschuss zur Rente. Fast in jedem Dorf stehen Denkmäler. Bandera wird dort heute von breiten Bevölkerungsschichten als Nationalheld verehrt. Die in der Westukraine starke nationale Partei „Swoboda“ beruft sich auf Bandera. Im Januar 2010 verlieh der damalige ukrainische Präsident Wiktor Juschtschenko Bandera postum den Ehrentitel Held der Ukraine. Die polnische und russische Regierung sowie das Europäische Parlament protestierten gegen diese Ehrung. Im Januar 2011 wurde ihm vom neuen Präsidenten der Ukraine, Wiktor Janukowytsch , dieser Titel wieder aberkannt.

Nicht nur Stepan Bandera lebte viele Jahre in München, auch sein Mitstreiter Jaroslaw Stetsko (untere Abbildung) wählte nach dem Zweiten Weltkrieg auf der Flucht vor den Kommunisten München als Exil. Von München aus kämpften beide aus dem Untergrund gegen die Sowjetunion. Die sowjetische Propaganda hat Bandera über Jahrzehnte zum radikalen Nationalisten stilisiert, um den ukrainischen Unabhängigkeitskampf zu diskreditieren. Darauf baut auch die heutige russische Regierung.

Beerdigt ist Bandera auf dem Münchner Waldfriedhof, ein schlichtes Steinkreuz mit Name, Geburts- und Todesdatum findet sich dort. Meist stehen frische Blumen davor, regelmäßig ziehen Trauerprozessionen zu seinem Grab. In München ist an einem Haus in der Zeppelinstraße eine Tafel angebracht, auf der in Marmor gemeißelt zu lesen ist, Stetsko habe für die Freiheit der Ukraine gewirkt und hervorragende Leistungen vollbracht, er sei ein Freiheitskämpfer. Unterschrieben hat die Huldigung der ukrainische Präsident. Das Schild ist jetzt zum Politikum geworden. Der zuständige Bezirksausschuss hat kürzlich ein Gutachten des Kulturreferats und der Rechtsabteilung der Stadt beantragt. Es geht um die Frage: Darf ein ukrainischer Freiheitskämpfer hier im öffentlichen Raum geehrt werden?

Die Frage taucht auf, weil die Ukraine seit Monaten die Nachrichten bestimmt. Zudem ist Kiew Partnerstadt von München. 5.800 Ukrainer leben in München. Die ukrainisch-katholische Gemeinde hat im Stadtteil Untergiesing eine Kirche mit einem prächtigen Innenraum. Auf dem Vorplatz erinnert eine Tafel an den Holodomor.
    

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