Schlacht
bei Tannenberg
26.
bis 30. August 1914
General
von Hindenburg
schlug mit zahlenmäßig unterlegenen Truppen (153.000 Mann) die 2.
russische Armee (191.000 Mann) unter General Samsonow vernichtend. Es
gab in der Militärgeschichte bis dahin kein Beispiel ähnlicher
Leistung und Kühnheit.
Ostpreußen
bildete durch seine geografische Lage als Gebietsvorsprung in russisches
Territorium eine strategisch besonders verwundbare Position. Auf Grund
des Schlieffen-Plans
hatte
die deutsche Oberste Heeresleitung etwa 7/8 ihrer verfügbaren Kräfte
an die Westfront geworfen, um einen schnellen Sieg gegen Frankreich zu
erzielen. Ostpreußen wurde nur durch die 8. Armee gedeckt. Um seine
westlichen Verbündeten zu entlasten, schickte das russische
Oberkommando zwei Armeen gegen Ostpreußen. Die 1. Armee (Njemen-Armee)
unter Paul von Rennenkampf
stieß
von Osten vor, die 2. Armee (Narew-Armee) unter Alexander Samsonow
drang
von Süden in Ostpreußen ein
Die russische 1. Armee rückte auf ostpreußisches Territorium vor und
erzielte in der Schlacht von Gumbinnen
am
19. August einen Teilerfolg. Der russische Generalstab rechnete damit,
dass sich die Deutschen über die Weichsel zurückziehen würden. Der
Oberbefehlshaber der 8. Armee, Generaloberst von Prittwitz ,
geriet in Panik und verlangte von der Obersten Heeresleitung
Handlungsfreiheit für das Zurücknehmen seiner Kräfte. Daraufhin wurde
er am 22. August abgelöst und sein Kommando General von Hindenburg und
General Ludendorff
übergeben. Für beide kam eine Räumung Ostpreußens vor den Russen
nicht in Frage. Die russische 1. Armee wurde mit dem Ziel Königsberg in
Marsch gesetzt, nicht ohne vorher einige Rasttage einzulegen. Die 2.
Armee sollte den deutschen Truppen nur noch den Rückweg abschneiden.
Ludendorff erkannte, dass man aufgrund der Passivität der 1. Armee
beide Armeen getrennt schlagen und somit den zahlenmäßige Vorteil der
Russen kompensieren könne. Ein Korps der 8. Armee unter General von
François
wurde
von Gumbinnen per Eisenbahn nach Süden westlich der Vormarschachse der
russischen 1. Armee verschoben. Die russische Armee Rennenkampfs sollte
durch einen kleinen Vorhang aus einer Landwehrdivision und der einzigen
Kavalleriedivision an weiteren Operationen gehindert werden. Zwei Korps
unter von Mackensen
und
von Below
sollten
im Eilmarsch der 2. Armee entgegen marschieren, während die restlichen
Truppen bei Allenstein eine Verteidigungsstellung bezogen.
Während dessen hatte die 2. russische Armee schon ihren zehnten
Marschtag hinter sich, da sie tief im eigenen Hinterland aus den
Eisenbahnwaggons ausgeladen worden waren. Der russische
Oberkommandierende drängte auf einen schnellen Vorstoß der 2. Armee,
was deren Zentrum von ihrer westliche Flanke vollkommen trennte.
Am 25. August gab Ludendorff den Befehl zum Angriff auf diese Verbände.
François reagierte allerdings nicht und nahm erst am 27. nach einem
Besuch des Generalstabschefs den Angriff auf. Dies hatte zur Folge, dass
die russischen Truppen der Mitte – in Unkenntnis der Gefahr, die ihrem
linken Flügel drohte – immer weiter ins Landesinnere vorrückten. Als
François seinen Angriff begann, durchbrach er die Stellungen des
russischen I. Korps, welches den Rückzug antrat. Die deutschen
Einheiten stießen bis zum Abend des Tages bis zur Grenze bei Soldau
vor.
An der rechten Flanke der russischen 2. Armee war das russische VI.
Korps am weitesten in deutsches Territorium vorgedrungen. Hier war man
nicht darauf vorbereitet, auf den Gegner zu treffen. Tatsächlich aber
traf man auf die zwei deutschen Korps unter Mackensen und Below. Diese
waren von Gumbinnen her gegen die 2. Armee angerückt. Wegen der
deutschen lokalen Überlegenheit von zwei zu eins wurde das russische
Korps in einen ungeordneten Rückzug gedrängt.
Inzwischen
übten die mittleren Verbände Samsonows starken Druck auf die
Verteidigungsstellungen der Deutschen bei Allenstein aus, und es bestand
die Gefahr, dass die deutschen Linien im Zentrum durchbrochen würden.
Deshalb entschied sich das deutsche Oberkommando, die eigenen Flügel zu
schwächen. Belows Korps wurde abkommandiert, die eigenen
Verteidigungsstellungen im Zentrum zu verstärken, nur noch Mackensens
Korps verblieb für eine geplante Umfassung der russischen Streitkräfte.
François erhielt die Order, seinen Vormarsch einzustellen und ebenfalls
Truppen an den mittleren Abschnitt abzutreten. Allerdings ignorierte ein
untergeordnete Kommandeur diesen Befehl, worauf sich seine
Kavalleriespitzen bei Willenberg am 28. August mit der Vorhut Mackensens
vereinigten: Die russische 2. Armee war damit eingeschlossen und vom
Nachschub abgeschnitten. Samsonow gelang es nicht, Verbindung mit seinen
eingekesselten Truppen herzustellen. Kleinere Einheiten, etwa 10.000
Mann konnten aus dem Kessel entkommen. Das Gros der Armee kapitulierte
demoralisiert. Samsonow nahm sich in dieser verzweifelten Lage das
Leben.
Die Gesamtzahl der Gefangenen betrug an die 100 000 Mann; dieser Zahl
entsprach auch die Beute an Kriegsmaterial. In den entscheidenden Tagen
hatten die deutsche Führung und die Truppe ihr Bestes gegeben.
Schwierig war die Führung gewesen durch die ungeheure Ausdehnung des
Schlachtfeldes, die alle Schlachtfelder von 1870 weit übertraf,
schwierig auch bei der Trennung der Armee in einzelne Gruppen, zwischen
denen der Feind stand. Am Einkreisungsplan wurde aber vom
Oberbefehlshaber trotz aller Widrigkeiten mit eiserner Tatkraft
festgehalten. Hindenburg wollte nicht schlagen, er wollte vernichten.
Und er vernichtete. Vergleichbar mit der Schlacht von Cannae ,
wo Hannibal
mit zahlenmäßig unterlegenen Truppen ein römisches Heer durch
Umfassung mit einem verstärkten Flügel schlug, gelang es Hindenburg
durch beidseitige Umfassung mit zahlenmäßig unterlegenen Truppen die
2. russische Armee unter General Samsonow vernichtend zu schlagen.
Die
Schlacht bei Tannenberg war der erste große Sieg der deutschen Heere im
Ersten Weltkrieg, von den insgesamt 10 russischen Armeen war jedoch nur
eine vernichtet (75% Verlust) bzw. auf längere Zeit nicht mehr einsatzfähig.
Auch die unmittelbare Bedrohung Ostpreußens war noch nicht
abgewendet, da die I. Armee unter Rennenkampf immer noch an den Grenzen
stand. Sie sollte erst in der folgenden Schlacht an den Masurischen Seen
besiegt werden, für die das deutsche Oberkommando nun Handlungsfreiheit
erhalten hatte. Damit war Für Ostpreußen zwar zunächst das Schlimmste
abgewehrt. Die ungeheure zahlenmäßige Überlegenheit der Russen
bestand aber weiterhin.
Die
psychologische Wirkung beider Siege auf die deutsche Bevölkerung war
immens und trug entscheidend zur Entwicklung des Hindenburg-Mythos bei.
1927 wurde am Ort der Schlacht Deutschlands größtes Kriegsdenkmal, das
Reichsehrenmal Tannenberg ,
eingeweiht. Dort wurde am 2. Oktober 1935 der verstorbene Reichspräsident
von Hindenburg endgültig beigesetzt, nachdem sein Sarg schon seit den
Trauerfeierlichkeiten im August 1934 im Denkmal aufgebahrt worden war.
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