Wilhelm Wien
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* 13. Januar 1864 in Gaffken
b. Fischhausen
†
30. August 1928 in München
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Deutscher Physiker und Nobelpreisträger.
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Wiens
Eltern zogen 1866 nach Drachenstein
bei Rastenburg um, wo der Vater Carl Wien einen Gutshof gekauft hatte. 1879 musste er das Gymnasium in Rastenburg aufgrund schlechter Leistungen abbrechen. Er erhielt daraufhin Privatunterricht aufgrund dessen er schon bald wieder das Gymnasium - diesmal in Königsberg - erfolgreich fortsetzen
konnte. Ab 1882 begann er Mathematik und Naturwissenschaften in Göttingen zu studieren und setzte
das Studium im Wintersemester 1883/84 in Mathematik und Physik in Berlin bei Hermann von Helmholtz
fort. Bei ihm promovierte er 1886 mit einer Arbeit "Über die Beugung des Lichtes an photographisch verkleinerten Gittern". 1892 habilitierte Wien an der
Universität zu Berlin. Von 1896 bis 1899 war er Professor in Aachen, von 1899 bis 1900 lehrte er in Gießen.
Wien entwickelte 1893/94 das Wiensche Verschiebungsgesetz und 1896 das Wiensche Strahlungsgesetz.
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1900 folgte er einem Ruf nach Würzburg, wo er die Nachfolge Röntgens
übernahm. Für zwanzig Jahre kam sein Leben mit den vier Kindern in Würzburg zur Ruhe. Das Ehepaar zog in die große Wohnung im Obergeschoss des Instituts am Röntgenring
ein. Leben und Arbeit in Würzburg waren angenehm, und man konnte schöne Ausflüge in die Umgebung machen. Von Würzburg aus machte
Wien mehrere Reisen in Europäische Länder, Spanien, England, Italien und Griechenland wurden besucht. In Würzburg fand er außerdem die Zeit, seinem frühen Interesse an Geschichte und Kunst
nachzugehen.
ABCD 1900 vertrat Wien die Auffassung, dass sämtliche physikalischen Prozesse elektromagnetischer Natur seien und die Masse eines Körpers vollständig aus seiner elektromagnetischen Energie
berechenbar sei, was ein wichtiger Schritt in Richtung der Äquivalenz von Masse und Energie war. Als überzeugter Anhänger eines elektromagnetischen Weltbildes setzte sich Wien auch intensiv mit den Problemen damaliger Äthertheorien auseinander und entwickelte 1904 Differentialgleichungen zur Elektrodynamik bewegter Körper. Er zählt deshalb zu den Vorläufern der speziellen Relativitätstheorie.
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1911 erhielt Wien den Nobelpreis für Physik für seine Forschungen zur Wärmestrahlung. Von 1913 bis 1914
war er Rektor der Universität Würzburg. Als in Würzburg 1918 der Soldatenrat regieren wollte, organisierte er den Widerstand gegen diese
Umstürzler. 1920 wechselte Wien nach München, wo er abermals die Nachfolge Röntgens übernahm und auch hier von 1925 bis 1926 Rektor der Universität
wurde. Völlig unerwartet starb Wien im Alter von 64 Jahren in München.
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Aus: Wilhelm Wien - Ein Rückblick
Nach der Flucht des Kaisers überstürzten sich die
Ereignisse. In München und Berlin waren die
Kommunisten am Ruder, die einen Terror ausübten und
die Staatsgelder verschleuderten. Die Inflation
begann. Die Zustände in Deutschland wurden viel
schlimmer wie im Kriege. Alle Ordnung begann sich zu
lockern, die zurückkehrenden Soldaten, die draußen
noch volle Disziplin hatten, wurden in die
Verwilderung hineingerissen. Nicht besser war es in
Österreich. Franzosen und Italiener drangen in
Tirol ein und bayerische Truppen wurden nach Süden
gerichtet. Unser Landhaus in Mittenwald wurde von
deutschen Truppen besetzt und Artillerie neben ihm
aufgefahren. Noch im letzten Augenblick vor dem
allgemeinen Chaos gelang es meiner Frau, die
wertvollsten Sachen fortzubringen.
In München war damals die Lage hoffnungslos. Die
Kommunisten hatten sich nach dem Tode Eisners der
Herrschaft bemächtigt und übten einen Terror aus,
wie er in Rußland ausgeübt wird. München konnte
sich aus eigener Kraft nicht mehr befreien. Wenn man
im Ausland glaubte, daß in Deutschland ein
Bolschewistenregiment unmöglich sei, so braucht man
nur auf München hinzuweisen. Wäre es den
Kommunisten gelungen – und sie waren nicht mehr
sehr weit davon entfernt –, überall sich so
einzunisten wie in München, so wäre Deutschland
russischen Zuständen verfallen.
Von München aus suchten die Kommunisten ihre
Herrschaft auszubreiten. Es gelang ihnen das in
Würzburg, wo von ein paar Hundert Mann Gesindel,
die in der Residenz hausten, die Herrschaft
ausgeübt wurde. Die Gefahr war groß, daß ganz
Bayern bolschewisiert wurde. Ob dann nicht auch in
Norddeutschland wieder die Kommunisten die
Herrschaft erringen würden, war mindestens
unsicher, denn in Halle, in Sachsen, im Ruhrgebiet
waren immer wieder neue Kämpfe. Sollte die Bewegung
in Bayern zum Halten gebracht werden, so mußte
zunächst Würzburg befreit werden. Da alle Arbeiter
unzuverlässig waren und die Bauern sich nicht
organisieren ließen, blieben nur Offiziere und
Studenten für das Befreiungswerk übrig. Ich war
Vertrauensmann der Studentenschaft und verhandelte
dauernd mit den Vertretern der Studenten und den
Offizieren, welche die militärische Leitung haben
sollten. Die Hauptschwierigkeit lag darin, daß die
Bolschewisten alle Waffen hatten und es nicht
möglich war, Waffen in größerer Menge
herzubringen, weil dauernd Verrat geübt wurde. Da
die Offiziere glaubten, daß Würzburg nur von
außen befreit werden könnte, so gingen viele nach
Thüringen, um dort eine Truppe zusammenzustellen.
Es mußte aber lange dauern, bis diese zum Anmarsch
bereit war. Da wurde mir mitgeteilt, daß einige
Batterien der Artillerie sich gegen die
Bolschewisten erklärt hätten. Die noch in
Würzburg gebliebenen Offiziere meinten, mit einigen
Kanonen und den noch zurückgebliebenen Studenten
könne man die Tat wagen. Kurz vor der Ausführung
wurde offenbar Verrat geübt, denn die Bolschewisten
nahmen eine Anzahl angesehener Männer als Geiseln
gefangen. Trotzdem sollte nicht gewartet werden,
obwohl es klar war, daß dringende Gefahr für die
Geiseln bestand. Noch im allerletzten Augenblick war
alles zweifelhaft, weil plötzlich die Nachricht
kam, die Artilleristen wollten nichts unternehmen.
Dann aber donnerte der erste Kanonenschuß befreiend
in unsere Ohren. Eine Granate sprengte das Tor der
Residenz, eine zweite fuhr in den Sitzungssaal der
Bolschewisten. Nach kurzem Maschinengewehrfeuer, dem
leider einige Studenten zum Opfer fielen, ergriffen
die Bolschewisten die Flucht. Nur um den Bahnhof
wurde noch gekämpft, dann wurde die ganze
Gesellschaft, außer einigen, die geflohen waren,
gefangen genommen. Würzburg war wieder frei.
In den Wochen des Terrors war niemand seines Lebens
und Eigentums sicher. Immerhin ist nichts Schlimmes
vorgefallen, was an die Münchener Zustände
erinnert hätte. Sobald Würzburg wieder frei war,
wurde an der Befreiung Münchens gearbeitet.
Preußische und schwäbische Truppen wurden schon
gegen Bayerns Hauptstadt geschickt, die nicht
imstande war, sich aus eigener Kraft der meist aus
fremdem Gesindel bestehenden Kommunisten zu
entledigen. Es war dringend erwünscht, daß auch
bayerische Truppen teilnehmen konnten. Außer einem
in Thüringen gesammelten, hauptsächlich aus Bayern
bestehenden Freikorps sollte auch ein Würzburger
Korps gesammelt werden. Ich bildete einen
Werbeausschuß aus allen Kreisen der Stadt, welche
Freiwillige anwerben sollten. Das Korps war nach
kurzer Zeit marschbereit und zog gegen München, das
nach heftigen Kämpfen der von allen Seiten
herankommenden Truppen eingenommen wurde. Während
diese Truppen in München waren, blieb Würzburg
unbeschützt und der Gefahr ausgesetzt, wieder von
Kommunisten überrumpelt zu werden. Die
Zurückgebliebenen mußten den Schutz der Stadt
übernehmen. Auch ich habe damals ein Gewehr auf die
Schulter genommen und viele Nächte in der Stadt
oder am Bahnhof Posten gestanden. Zu irgendwelchen
Kämpfen ist es aber nicht gekommen.
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