Sonntag, 4. November 2012
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O Straßburg, o Straßburg

ABCD

O Straßburg, o Straßburg
du wunderschöne Stadt
darinnen liegt begraben
so mannicher Soldat! 

So mancher und schöner
auch tapferer Soldat
der Vater und lieb Mutter
böslich verlassen hat.

Verlassen, verlassen
es kann nicht anders sein
zu Straßburg, ja zu Straßburg
Soldaten müssen sein

Die Mutter, die Mutter
die ging vor's Hauptmanns Haus
"Ach Hauptmann, lieber Hauptmann
gebt mir den Sohn heraus!"

"Euren Sohn kann ich nicht geben
für noch so vieles Geld
Euer Sohn der muss sterben
im weiten, breiten Feld.

In weiter, in breiter
allvorwärts vor dem Feind
wenngleich sein schwarzbraun Mädchen
so bitter um ihn weint."

Sie weinet, sie greinet
sie klaget gar zu sehr:
"Gut' Nacht, mein herzig Schätzchen
ich seh' dich nimmermehr!"

Was lauft ihr, was rennt ihr
nach fremden Dienst und Land?
Es hat´s euch niemand g´heißen
dient ihr dem Vaterland! 


Worte und Weise: Anonym vor 1771
Erste Aufzeichnung 1771 im Sesenheimer Liederbuch  

abcd

Liedregister:  

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Sonntag, 4. November 2012
 

In der BDR werden jährlich etwa 14.000 (vierzehntausend) politische Strafermittlungsverfahren mit Hilfe der beiden oben erwähnten 'Knüppel-Paragrafen' gegen missliebige Dissidenten, politisch anders Denkende und Regime-Gegner eingeleitet, in Österreich etwa 1.000 (eintausend). Politische Gefangene mit besonders langen Freiheitsstrafen sind derzeit:

12 Jahre und 11 Monate Haft
Horst Mahler
JVA Brandenburg / Havel
Anton-Saefkow-Allee 22
D-14772 Brandenburg/Havel
Tel: 03381/7610
BRB@justizvollzug.brandenburg.de 

Das Fremde ist das Salz in der Suppe - aber wer mag eine versalzene Suppe?

6 Jahre und 5 Monate Haft
Wolfgang Fröhlich
Justizanstalt Stein
Steiner-Str. 4
A-3500 Krems-Stein/Wachau NÖ
Österreich
 

33 Monate Haft

Gerhard Ittner

JVA St. Georgen Bayreuth

Markgrafenallee 49

D-95448 Bayreuth

Was für eine Wahrheit soll das sein, die keine Diskussion aushält?

30 Monate Haft

Axel Möller

JVA Franzenshöhe 12

D-18439 Stralsund

Es gibt keinen Grund, auch nur ein Wort zurückzunehmen.

Fürbitte (2. Thessalonicher, Kapitel 3, 1 bis 3) für alle, die Verfolgung leiden um der Gerechtigkeit willen.  

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Sonntag, 4. November 2012
 

Prolog: 

 

"Unser eigentliches Ziel waren immer die Innenstädte. Die Zerstörung von Industrieanlagen erschien uns stets als eine Art Sonderprämie" (Arthur Bomber-Harris ). - Eine der großen Geschichtslügen, die Deutschen hätten mit dem Luftterror begonnen, ist historisch schon lange widerlegt. Bereits 1939 erfolgten sieben Luftangriffe der RAF auf Nordwestdeutschland. Am 10./11. Mai 1940 wurde die Innenstadt von Mönchengladbach angegriffen. Entgegen dem Völkerrecht  wurden danach auf Befehl der Kriegsverbrecher Churchill, Roosevelt, Stalin und Konsorten durch den alliierten Bombenterror gezielt die Wohnbezirke aller deutschen Städte mit 50.000 und mehr Einwohnern in Schutt und Asche gelegt; unersetzliche Kulturgüter geplant vernichtet und etwa 1 Million Zivilisten grausam ermordet, darunter über 54.000 Kinder unter 14 Jahren .

 

"... ich will nicht den Kampf gegen Frauen und Kinder führen. Ich habe meiner Luftwaffe den Auftrag gegeben, sich auf militärische Objekte bei ihren Angriffen zu beschränken (Adolf Hitler in seiner Rede vor dem Reichstag am 1. September 1939 ). Entsprechend diesem Befehl richteten sich die deutschen Luftangriffe auf Warschau im September 1939 und Rotterdam 1940  ausschließlich gegen militärische Ziele als Teil eines Feldzugs. Im Fall von Warschau wurde der Zivilbevölkerung 9 Tage Zeit gegeben, die Stadt zu verlassen, falls das polnische Militär die Stadt nicht freiwillig übergäbe. Der Angriff auf Rotterdam im Mai 1940 erfolgte, weil der niederländische Stadtkommandant die Kapitulationsaufforderung ablehnte. Das Bombardement von Coventry vom 14. November 1940 galt den im Stadtzentrum gelegenen Rolls-Royce Flugzeugmotorenwerken und zahlreichen kleineren Rüstungsbetrieben.


Terrorangriffe auf Solingen

Am 5. Juni 1940 fielen die ersten Bomben auf Solingen. Der erste Solinger Kriegstote, bedingt durch einen britischen Luftangriff, war am 12. Oktober in Merscheid zu beklagen. In den drei Jahren 1940-1942 kamen durch Luftangriffe drei Einwohner ums Leben, 27 wurden verletzt. Solingen war noch im Spätherbst 1944 fast unbeschädigt. Die Stadt war zwar zuvor durch kleinere Bomberformationen hin und wieder schon angegriffen worden, und im Dezember 1943 erfolgte ein erster Angriff von 60-80 Maschinen von Westen her, die aber durch Flak zersprengt wurden und am gezielten Bombenangriff gehindert werden konnten. Das Flak-Bataillon wurde nach der alliierten Invasion 1944 von Solingen abgezogen und zum Schütze des Ruhrgebietes und am Niederrhein eingesetzt, so dass Solingen vor seit dem Sommer 1944 praktisch von jeder Verteidigung entblößt war. Bis zum November gab es im Jahr 1944 nur neun kleinere Luftangriffe auf Solingen, 21 Menschen kamen dabei zu Tode.


Bei strahlend blauem Himmel und klarsichtigem Wetter griffen am
Samstagmittag, 4. November 1944, kombinierte Staffeln der US AF und der
RAF mit rund 580 Maschinen in einer Staffelung zwischen 2.500 und 3.000 m konzentriert Solingen an und warfen in 15 Minuten auf die Südstadt in einem Rechteck, beginnend in Hästen-Bökerhof, Bahnhof Solingen, Schwertstraße im Wechsel ab: Luftminen, Bomben, leichte Bomben, Brandbomben und
Phosphorkanister. Die Bomben wogen zwischen 12 und 16 kg, und jeder Bomber
konnte durchschnittlich 80-100 dieser kleinen Bomben für den Reihenabwurf
mit sich fuhren. Die meisten Bomben, die in Solingen fielen, wogen aber 112 -
224 kg und waren mit gehärteten Stahlspitzen verstärkt, um die Häuser bis zum
Keller zu durchschlagen und durch die Explosion dann die Häuser hochzuwerfen. In verstärktem Maße wurden auch schwere Bomben von 450 kg eingesetzt, die besonders dünnwandig waren, die weniger durch die Splitterwirkung als durch die Druckwellen wirkten. Schließlich wurden Minen eingesetzt, die nur zu l oder 2 Stück per Bomber befördert werden konnten und die bis zu 1.800 kg gingen. Ihre Wirkung war besonders verheerend. Sie rissen keine tiefen Krater wie die 450 kg-Bomben, sondern detonierten ziemlich flach, hatten aber starke Druckwellen mit Auswirkungen bis zu einem Kilometer, zur Folge, denen eine Sogwelle nachfolgte, so dass die Häuser hin- und hergerissen und dann zum Einsturz gebracht wurden. Die kleineren Brandbomben auf Magnesiumbasis wurden in Bündeln zu 100 abgeworfen und waren durch ihre Vielzahl gefährlich, während die größeren Phosphorkanister dadurch gefährlich waren, dass die Mischung aus Phosphor und Kautschuk sich verspritzte und mit Wasser nicht abgelöscht werden konnte, so dass nachhaltige Brände gesetzt wurden.


Der Bombenangriff am Samstag forderte besonders viele Todesopfer durch
unglückliche Zufälle. Zum ersten war die Warnung im Drahtfunk, dass starke
Verbände den Raum Remscheid-Solingen anfliegen, gerade erst durchgegeben
worden, als die ersten Bomben schon fielen. Zum zweiten hatte sich die
Bevölkerung nach den ungezählten Alarmen eine gewisse Lethargie angewöhnt
und reagierte nicht sofort auf die Warnung. Zum dritten kreuzten sich gegen
14.00 Uhr zwei Personenzüge im Hauptbahnhof Solingen. Der von Remscheid
kommende Zug stand noch im Bannhof, die Reisenden hatten den Zug weitgehend verlassen und befanden sich in der Überführung oder im Bahnhofsgelände, als die ersten Bomben schon auf dem Bahngelände und im Bahnhof einschlugen. Der von Ohligs kommende Zug konnte noch rechtzeitig im Tunnel unter der Katternberger Straße gestoppt werden und hatte nur wenige Verluste zu beklagen. Allein auf dem Bahnhofsgelände kamen über 300 Personen ums Leben, weil dicht hintereinander die Sprengbomben in das Bahngelände und die Firmen Henckels und Herder einschlugen. Zum vierten wurden durch schwere Bomben die Wasserleitungen von Glüder getroffen und zwar in Hasten und am Bökerhof. Mitten während des Angriffes wurden nämlich verschiedene Staffeln auf die Südstadt angesetzt und warfen ihre Bomben in die Bezirke Hasten, Bökerhof bis zur Bahnlinie, wodurch auch die Firma Eickhorn schwer betroffen wurde. Durch das Zerstören des
Rohrleitungsnetzes war Solingen sofort ohne Wasser und hilflos den wütenden
Bränden ausgesetzt.


Die Zerstörungen des Samstagsangriffes waren schon schwer. Splitterbomben
und schwere Minen hatten die Häuser auseinandergeblasen. Während sich die
Fachwerkhäuser gegenüber den normalen Bomben als sehr widerstandsfähig
erwiesen, weil das Holzfachwerk dem Luftdruck elastisch nachgab und nicht wie
Ziegelmauerwerk einstürzte, war es gegenüber den Phosphorkanistern und
Brandbomben wehrlos. In der Innenstadt wüteten starke Brände, die nur aus
Löschteichen bekämpft werden konnten oder durch Sonderleitungen von der
Wupper her. In beispiellosem Zusammenstehen versuchten die Solinger zu retten, was zu retten war, brachten ihre Habe in Sicherheit, bekämpften da, wo es noch
aussichtsreich schien, die Brände und organisierten erste Hilfe, Evakuierung und
Speisung. Einhellig sind hier die damaligen Organisationen der NSV, des
Technischen Hilfswerks und des Luftschutzes zu loben, die, durch viele Einsätze
in den Nachbarstädten schon geschult, in Solingen Hervorragendes leisteten.


Niemand konnte jedoch ahnen, dass am nächsten Tag, Sonntag 5. November 1944, die schon so schwer getroffene Stadt erneut das Ziel eines noch größeren Angriffs werden sollte. Die Luftschutzsirenen waren wegen der Zerstörung des Stromnetzes ausgefallen. In der Innenstadt wurde an den Bränden gelöscht und die Habe geborgen, als gegen Sonntagnachmittag um 13.00 Uhr bei gleich klarem Wetter diesmal noch stärkere Bomberverbände mit 650 Maschinen der USAF und RAF per Jagdschutz einen erneuten Angriff flogen, der insgesamt 18 Minuten dauerte und nunmehr ganz konzentriert auf die Innen(Alt)stadt angesetzt war, die dem Erdboden gleichgemacht wurde. Und wieder war die Hölle losgebrochen. Rundherum Brände und heiße Asche, Straßen gab es nicht mehr, nur noch ein rauchendes, brennendes Trümmerfeld. Einige Stunden später erstreckte sich ein Flächenbrand auf etwa 2,5 qkm der Solinger Altstadt. Viel schwieriger als am Vortag waren die Rettungs- und Bergungsarbeiten durchzuführen. Im Keller des Grashofes an der Kölner Straße war eine Station des Deutschen Roten Kreuzes untergebracht. Die etwa 20 Helferinnen waren beim Beginn des Angriffs auf ihrem Posten und kamen in den Flammen um, zusammen mit denjenigen, die in ihrem Keller Schutz gesucht hatten.


Insgesamt fielen in den beiden Angriffen 293 Luftminen, davon 11 Blindgänger, 3.500 Sprengbomben mit 301 Blindgängern, 10.000 Brandbomben, 300 Phosphorkanister und die Bilanz der Zerstörung ergab 50 total zerstörte Industrieanlagen, 100 schwer beschädigte, 1.500 total zerstörte Häuser, 2.000 schwer beschädigte Häuser. Dazu noch eine Unmenge weiterer Betriebe, Häuser, Krankenhäuser und Schulen, die mehr oder weniger in Mitleidenschaft gezogen wurden. Ein Feuersturm begünstigte die Reihenbrände, so dass gegen Sonntagabend auch durch den Ausfall der Wasserversorgung ein Flächenbrand von 2,5 qkm tobte. Die Bombardierung zerstörte rund 2,5 qkm Innenstadt und verursachte insgesamt um die 2.100 Feuer, etwa 300 davon als Großfeuer eingestuft, die wiederum auch nicht bombardierte Gebäude zerstören. Am erschütterndsten ist aber die Bilanz der menschlichen Verluste. Bei diesen beiden schweren Angriffen auf Solingens Altstadt büßten 2.087 Menschen ihr Leben ein, 2.276 wurden verletzt. 20.000 Menschen wurden obdachlos. Tage nach den Angriffen lagen noch verkohlte Leichen, die zusammengeschrumpft waren, auf den Straßen. Und es qualmte und stank. Aus dem 'Palast'-Kino an der Hauptstraße wurden entstellte Tote herausgeholt. Am Abend des 5. November erklärte der britische Rundfunk, der auch von Solingern abgehört wurde: „Solingen, das Herz der deutschen Stahlwarenindustrie, ist eine zerstörte und tote Stadt." Dennoch haben die Solinger Betriebe sehr schnell wieder aufgebaut und zu produzieren begonnen, wenn auch zum Teil in verlagerten Betriebsstätten. 

 

Augenzeugenbericht: " Die zusammengestürzte alte Kirche, ihre weißen Mauerreste, die verstümmelte St.-Clemens-Kirche fangen Blicke auf, die nach den anderen Seiten weit bis zu den Rändern der Stadt, bis zur Krahenhöhe, zum Mangenberg, nach Remscheid und nach Höhscheid laufen und ringsherum nur Trümmer, rauchende, schwelende Trümmer, als grolle im Inneren der Erde ein Geist über solchen Wahnsinn. Warenhäuser stürzten ein. Gewirr von schweren Eisenträgern liegt kreuz und quer. Sprengtrichter neben Sprengtrichter lassen die Wucht des Angriffes ahnen. Alte bergische Häuser sind zum kleinen Aschenhaufen niedergebrannt und die Schienen der Straßenbahn ragen steil auf. Drähte hängen gleich unheilkündenden schwarzen Schlangen von den Masten und hier und da lässt eine Ruine ahnen, welches Häuserviertel hier stand, welche Straße hier entlang lief. Und neue Feindgeschwader donnern über der Stadt."  

Es folgten dann gegen Kriegsende noch verschiedene kleinere Angriffe gegen
Solingen, so auch der Sylvesterangriff am 31.12.1944 auf verschiedene Teile des
Stadtgebietes. Etwa 70 Menschen kamen dabei ums Leben, überwiegend Frauen und Kinder. Die katholische Kirche in Wald wurde fast völlig zerstört. Auch das Heimatmuseum im Ittertal wurde vernichtet. Am 16. Februar 1945 wurden durch Sprengbomben die Leichtmetallgießerei Rautenbach sowie zahlreiche Häuser am Mangenberg zerstört. 105 Personen wurden getötet.
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Bilanz des Terrors gegen Solingen: 

1940: 7 Angriffe, 144 Bomben, ein Toter, acht Verletzte

1941: 10 Angriffe, 248 Bomben, ein Toter, sechst Verletzte

1942: 3 Angriffe, 306 Bomben, keine Toten, zwei Verletzte

1943: 13 Angriffe, 6.705 Bomben, 63 Tote, 155 Verletzte

1944: 21 Angriffe, 18.600 Bomben, mindestens 1.944 Tote, 2.276 Verletzte

1945: 44 Angriffe, 1.200 Bomben,194 Tote, 149 Verletzte

Bei Kriegsende waren insgesamt auf Solingen 98 Angriffe erfolgt. Mindestens 2.253 Menschen wurden durch die Terrorangriffe getötet, 2.596 wurden verletzt. Von den 1929 existierenden 17.629 Häusern waren bei Kriegsende rund ein Drittel, 5.312, zerstört. Der bergische Mensch zeigte in der Stunde der Not eine großartige Hilfsbereitschaft, deren sich alle dankbar erinnern, die durch den Bombenangriff getroffen worden sind.

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Montag, 4. November 2012
 

Prolog: 

 

"Unser eigentliches Ziel waren immer die Innenstädte. Die Zerstörung von Industrieanlagen erschien uns stets als eine Art Sonderprämie" (Arthur Bomber-Harris ). - Eine der großen Geschichtslügen, die Deutschen hätten mit dem Luftterror begonnen, ist historisch schon lange widerlegt. Bereits 1939 erfolgten sieben Luftangriffe der RAF auf Nordwestdeutschland. Am 10./11. Mai 1940 wurde die Innenstadt von Mönchengladbach angegriffen. Entgegen dem Völkerrecht  wurden danach auf Befehl der Kriegsverbrecher Churchill, Roosevelt, Stalin und Konsorten durch den alliierten Bombenterror gezielt die Wohnbezirke aller deutschen Städte mit 50.000 und mehr Einwohnern in Schutt und Asche gelegt; unersetzliche Kulturgüter geplant vernichtet und etwa 1 Million Zivilisten grausam ermordet, darunter über 54.000 Kinder unter 14 Jahren

 

"... ich will nicht den Kampf gegen Frauen und Kinder führen. Ich habe meiner Luftwaffe den Auftrag gegeben, sich auf militärische Objekte bei ihren Angriffen zu beschränken (Adolf Hitler in seiner Rede vor dem Reichstag am 1. September 1939 ). Entsprechend diesem Befehl richteten sich die deutschen Luftangriffe auf Warschau im September 1939 und Rotterdam 1940  ausschließlich gegen militärische Ziele als Teil eines Feldzugs. Im Fall von Warschau wurde der Zivilbevölkerung 9 Tage Zeit gegeben, die Stadt zu verlassen, falls das polnische Militär die Stadt nicht freiwillig übergäbe. Der Angriff auf Rotterdam im Mai 1940 erfolgte, weil der niederländische Stadtkommandant die Kapitulationsaufforderung ablehnte. Das Bombardement von Coventry vom 14. November 1940 galt den im Stadtzentrum gelegenen Rolls-Royce Flugzeugmotorenwerken und zahlreichen kleineren Rüstungsbetrieben.


Terrorangriffe auf Bochum

Die Bombenangriffe setzten erst im zweiten Kriegsjahre zögernd ein. Die ersten Sprengbomben gingen im Stadtbezirk Werne und auf dem Gebiet der Zeche Engelsburg nieder. In Werne kam hierbei der erste Mensch auf Bochumer Gebiet zu Tode. Die Angriffe steigerten sich in der Folgezeit nach Zahl, Größe und Art der Bomben. In den ersten beiden Jahren geschah diese Steigerung noch in mäßig ansteigender Kurve; von Mitte 1942 ab stieg diese Kurve jedoch steil in die Höhe, bis die Angriffe schier unerträglich wurden. Der erste größere Bombenabwurf erfolgte auf den Stadtteil Dahlhausen am 2. 6. 1942. Anderee Ziele waren die Außenbezirke Werne, Engelsburg und Langendreer, sehr bald aber auch die Innenstadt und das angrenzende Griesenbruchviertel, in dem hauptsächlich die Arbeiterschaft des 'Bochumer Vereins' wohnte.
Verglichen mit den späteren Luftangriffen stellte dieser Angriff jedoch höchstens einen mittelschweren dar. Besonders schwere Großangriffe trafen Bochum an folgenden Tagen:

1943: 14. Mai, 12/13. Juni, 26. Juni, 10.Juli, 12/13. August, 29. September
1944: 9. Oktober, 4. November
1945: 15. Januar, 28. Januar, 18. Februar, 18. März

Die als "Battle of the Ruhr" bezeichnete Luftoffensive gegen das Ruhrgebiet begann im März 1943 mit einem Großangriff auf Essen. Das Ruhrgebiet wurde neben Berlin zum Hauptziel derTerrorangriffe erklärt, an denen sich seit Mai 1943 auch amerikanische Bomber beteiligten. Bochum erlitt im Mai sowie im Juni ("Pfingstangriff) und im September 1943 mehrere Großangriffe, die Hunderte Todesopfer und noch weit mehr Verletzte forderten. Die Altstadt und Teile der Innenstadt wurden zerstört. Zahlreiche Menschen verloren ihr Heim und lebten fortan in Trümmern. 

 

In der Nacht von Freitag, 14. Mai 1943, erlebte Bochum einen schweren Großangriff. Mehr als 360 Personen fanden den Tod, mehr als 1000 wurden verletzt. Das Rathaus erlitt schwere Schäden: Das Dachgeschoss und das 5. Obergeschoss des Rathauses brannten vollständig, das 4. Obergeschoss teilweise aus. Am 13. Juni 1943 wurde ein Teil des Ostflügels an der Mühlenstraße mit allen Stockwerken aus dem Bau herausgerissen. Kaum wieder instandgesetzt, riss der Angriff vom 4. November 1944 erneut eine Lücke an genau derselben Stelle. Dieser Tag war der schwärzeste in der Geschichte des Bochumer Rathauses, denn an ihm verlor auch der Ratshof sein schönes Gesicht. 

 

In der Pfingstnacht 1943 (12. Juni 1943) wurde das Haus der Gesellschaft Harmonie durch mehrere Volltreffer zerstört. Die stehengebliebenen Teile brannten aus, so dass von der Einrichtung nichts gerettet werden konnte. Die Gesellschaft war nun heimatlos.
 

Ließen die Bombardements auf die Ruhrgebietsstädte ab Ende 1943 nach, so wurden sie ab August 1944 mit voller Wucht fortgesetzt - und endeten erst im Frühjahr 1945. Ab Herbst 1944 kam es zur zweiten großen "Ruhrschlacht" der Alliierten.  

Der 4. November 1944:  Am Abend nahmen ca. 1400 Flugzeuge der Alliierten Kurs auf Bochum, bombardierten die Stadt zwischen 19.00 und 20.00 Uhr und legten sie in Schutt und Asche. Es war der schwerste Angriff auf Bochum während des Zweiten Weltkrieges. Im Bombenhagel kamen 1.300 Menschen ums Leben, 300 blieben vermisst, 2.000 wurden verwundet, 70.000 wurden obdachlos. Frauen mit Kleinkindern, Schüler und Obdachlose waren bereits nach Pommern, in den Sudetengau oder ins Sauerland evakuiert worden. In der Stadt geblieben waren nur die in der Rüstungsindustrie dienstverpflichteten Männer und Frauen, die in Bunkern und Bergwerksstollen zu überleben suchen. Von 23.000 Häusern bleiben nur etwa 1.000 unbeschädigt. Zahlreiche öffentliche und private Bauten sowie Verkehrswege, Versorgungseinrichtungen und industriellen Anlagen wurden zerstört oder beschädigt.

Weitere Terrorangriffe erfolgten am 6. November 1944 auf den Bahnhofsbereich,
am 9. November 1944 auf den Amtsplatz mit Zerstörung von Schulen und Wohnhäusern, am 12. Dezember 1944, am 15. Januar 1945 mit 190 Todesopfern,
am 18. März 1945: Das Gymnasium wird schwer getroffen, am 22. März 1945: Auch die Marienkirche, Dom des Ruhrgebietes genannt, wird zerstört. Am 10. April 1945 rückt die amerikanische Armee nach dreitägigem Artilleriebeschuss in den Ort ein.  
ABCD
Bilanz: Bochum musste insgesamt 150 größere Luftangriffe über sich ergehen lassen, darunter 13 Großangriffe mit jeweils bis zu 1400 Bombern. Rund 420 Minen, 22.000 Sprengbomben und 531.000 Brandbomben verrichteten das Werk der Zerstörung. Es entstanden 6440 kleinere und 960 Großbrände, bei denen ganze Straßenzüge und Baublöcke sich selbst überlassen werden mussten. Die Stadt wurde durch Bombenangriffe zu 38 Prozent zerstört. Ihnen fielen mehr als die Hälfte der Schulen und sonstigen öffentlichen Gebäude und fast sämtliche Kirchen zum Opfer. 22 % des Wohnraums wurden total zerstört und außerdem 74% beschädigt. Trümmerschutt bedeckten das Stadtgebiet. Mit Sicherheit sind 4.095 Tote und Vermisste sowie 5.034 Verwundete festgestellt worden. Obdachlos wurden 185.720 Personen. Allein in der Zeit von Januar 1943 bis Februar 1945 störten 942 Fliegeralarme das Leben Bochums in allen seinen Erscheinungsformen.

   
Von den 1.062 Büroräumen, die vor dem Kriege in allen städtischen Verwaltungsgebäuden vorhanden gewesen waren, wurden 462 völlig zerstört, 295
schwer und 293 leicht beschädigt. Auch die Lagerräume und Garagen wurden stark mitgenommen. Gerichtsgebäude sowie die Gebäude der Industrie- und Handelskammer, der Reichsbankstelle und der Berufsgenossenschaft Bergbau - um nur sie zu nennen - wurden völlig zerstört. Von dem 284 km umfassenden Gesamtnetz der Oberleitungsanlagen der Verkehrsbetriebe wurden 146 km völlig zerstört, während nur 6 km des Gleisnetzes vernichtet wurden. Am härtesten trafen die Störungen und Einschränkungen im Verkehrswesen die arbeitende Bevölkerung. Ihre in der Nähe ihrer Arbeitsstätten gelegenen Wohnungen waren größtenteils vernichtet worden, so dass ihre Bewohner in den weniger beschädigten Randgebieten der Stadt untergebracht werden mussten. So waren z. B. die in der Nähe der Fabrikgebäude des Bochumer Vereins gelegenen Wohnviertel beinahe der völligen Zerstörung anheimgefallen.
ABCD

Mit einer erstaunlichen Gelassenheit hat der einfache Mann alle Schwierigkeiten und Nöte, die der Bombenkrieg für ihn heraufbeschwor, über sich ergehen lassen. Der Verlust der Wohnung, des Hab und Guts, oft auch noch teurer Menschenleben, die immer schlechter werdende Ernährungslage, die Verknappung der wichtigsten Gebrauchsgegenstände des täglichen Bedarfs, Wohnen auf engstem Raum, die langen, oft nur zu Fuß zu bewältigenden Anmarschwege drückten seinem Leben in den letzten Kriegsjahren den Stempel auf. Vor allem die Bergleute haben sich unzählige Male mit allen Kräften und oft unter Lebensgefahr bei der Bergung verschütteter Menschen eingesetzt. Wo Häuser eingestürzt waren und Menschen unter Schutt und Trümmern lagen, waren sie zur Hand und ruhten nicht eher, bis sie - sei es tot oder lebendig - geborgen waren.

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Sonntag, 4. November 2012
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Felix Mendelssohn Bartholdy

 

* 3. Februar 1809 in Hamburg

† 4. November 1847 in Leipzig

Deutscher Komponist, Pianist und Organist. 

 

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Das Gewitter

Urahne, Großmutter, Mutter und Kind 
In dumpfer Stube beisammen sind; 
Es spielet das Kind, die Mutter sich schmückt, 
Großmutter spinnet, Urahne gebückt 
Sitzt hinter dem Ofen im Pfühl - 
Wie wehen die Lüfte so schwül! 

Das Kind spricht: "Morgen ists Feiertag, 
Wie will ich spielen im grünen Hag, 
Wie will ich springen durch Tal und Höhn, 
Wie will ich pflücken viel Blumen schön; 
Dem Anger, dem bin ich hold!" - 
Hört ihrs, wie der Donner grollt? 

Die Mutter spricht: "Morgen ists Feiertag, 
Da halten wir alle fröhlich Gelag, 
Ich selber, ich rüste mein Feierkleid; 
Das Leben, es hat auch Lust nach Leid, 
Dann scheint die Sonne wie Gold!" - 
Hört ihrs, wie der Donner grollt? 

Großmutter spricht: "Morgen ists Feiertag, 
Großmutter hat keinen Feiertag, 
Sie kochet das Mahl, sie spinnet das Kleid, 
Das Leben ist Sorg und viel Arbeit; 
Wohl dem, der tat, was er sollt!" - 
Hört ihrs, wie der Donner grollt? 

Urahne spricht: "Morgen ists Feiertag, 
Am liebsten morgen ich sterben mag: 
Ich kann nicht singen und scherzen mehr, 
Ich kann nicht sorgen und schaffen schwer, 
Was tu ich noch auf der Welt?" - 
Seht ihr, wie der Blitz dort fällt? 

Sie hörens nicht, sie sehens nicht, 
Es flammet die Stube wie lauter Licht: 
Urahne, Großmutter, Mutter und Kind 
Vom Strahl miteinander getroffen sind, 
Vier Leben endet ein Schlag - 
Und morgen ists Feiertag. 
ABCD

Gustav Schwab 

ABCD

* 19. Juni 1792 in Stuttgart

† 4. November 1850 ebd. 
ABCD

Deutscher Pfarrer und Schriftsteller. 

 

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Zitate
ABCD

Es ist ein großer Segen, daß in Deutschland die Lüge nie auf die Dauer ihr Glück macht.

Wer zu fallen bestimmt, mit Ehren zu fallen versäumt hat, fällt mit Schanden, ein Spott Feinden, und Freunden ein Graun.

Sammlung und Volkssagen habe ich mit Liebe gemacht; es freut mich, wenn sie wieder Liebe finden. Könnte ich mich doch in diesen bösen Zeiten ...  mich ganz ins Wunderland der Poesie aus der verfluchten und verruchten Tagesliteratur, wo der Judaismus, mit allen ekelhaften Lastern, Lüge, Prahlerei und Feigheit, Schmeichelei und Verleumdung herrscht, herausretten.

Du fragst, von welcher Dichtersort’ ich sei?
Ich bin, wie Viele, halt ein morscher Knochen,
Vom Alter in das Mittelreich gesprochen;
Die Gegenwart ist längst für mich vorbei,
Und die Vergangenheit nicht angebrochen!

Was spricht zu Heine's Bubenhohn
Uhland, der hohen Muse Sohn?
Er dacht' es längst und sagt es auch:
"Das ist ein jüdisch ekler Gauch*!"  
*Narr

Vorschlag
Laß sie schimpfen,
laß uns impfen.

Laß sie schmähen,
laß uns säen.

Laß sie lügen,
laß uns pflügen.

Laß sie klaffen,
laß uns schaffen.

Laß sie richten,
laß uns dichten.


Warum der schwarze König Melchior so froh wurde

Allmählich verbreitete sich das Gerücht von dem wunderbaren Kinde mit dem Schein ums Haupt und drang bis in die fernsten Länder. Dort lebten drei Könige als Nachbarn, die seltsamerweise Kaspar, Melchior und Balthasar hießen, wie heutzutage ein Roßknecht oder ein Hausierer. Sie waren aber trotzdem echte Könige, und was noch merkwürdiger ist, auch weise Männer. Nach dem Zeugnis der Schrift verstanden sie den Gang der Gestirne vom Himmel abzulesen, und das ist eine schwierige Kunst, wie jeder weiß, der einmal versucht hat, hinter einem Stern herzulaufen.

Diese drei also taten sich zusammen, sie rüsteten ein prächtiges Gefolge aus, und dann reisten sie eilig mit Kamelen und Elefanten gegen Abend. Tagsüber ruhten Menschen und Tiere unter den Felsen in der steinigen Wüste, und auch der Stern, dem sie folgte, der Komet, wartete geduldig am Himmel und schwitzte nicht wenig in der Sonnenglut, bis es endlich wieder dunkel wurde. Dann wanderte er von neuem vor dem Zuge her und leuchtete feierlich und zeigte den Weg.

Auf diese Art ging die Reise gut voran, aber als der Stern über Jerusalem hinaus gegen Bethlehem zog, da wollten ihm die Könige nicht mehr folgen. Sie dachten, wenn da ein Fürstenkind zu besuchen sei, dann müsse es doch wohl in einer Burg liegen und nicht in einem armseligen Dorf. Der Stern geriet sozusagen in Weißglut vor Verzweiflung, er sprang hin und her und wedelte und winkte mit dem Schweif, aber das half nichts. Die drei Weisen waren von einer solchen Gelehrtheit, daß sie längst nicht mehr verstehen konnten, was jedem Hausverstand einging. Indessen kam auch der Morgen heraus, und der Stern verblich. Er setzte sich traurig in die Krone eines Baumes neben dem Stall, und jedermann, der vorüberging, hielt ihn für nichts weiter als eine vergessene Zitrone im Geäst. Erst in der Nacht kletterte er heraus und schwang sich über das Dach.

Die Könige sahen ihn beglückt, Hals über Kopf kamen sie herbeigeritten. Den ganzen Tag hatten sie nach dem verheißenen Kinde gesucht und nichts gefunden, denn in der Burg zu Jerusalem saß nur ein widerwärtiger fetter Bursche namens Herodes.

Nun war aber der eine von den dreien, der Melchior hieß, ein Mohr, baumlang und tintenschwarz, daß selbst im hellen Schein des Sternes nichts von ihm zu sehen war als ein Paar Augäpfel und ein fürchterliches Gebiß. Daheim hatte man ihn zum König erhoben, weil er noch ein wenig schwärzer war als die anderen Schwarzen, aber nun merkte er zu seinem Kummer, daß man ihn hierzulande ansah, als ob er in der Haut des Teufels steckte. Schon unterwegs waren alle Kinder kreischend in den Schoß der Mutter geflüchtet, sooft er sich von seinem Kamel herabbeugte, um ihnen Zuckerzeug zu schenken, und die Weiber würden sich bekreuzigt haben, wenn sie damals schon hätten wissen können, wie sich ein Christenmensch gegen Anfechtungen schützt.

Als letzter in der Reihe trat Melchior zaghaft vor das Kind und warf sich zur Erde. Ach, hätte er jetzt nur ein kleines weißes Fleckchen zu zeigen gehabt oder wenigstens sein Innerstes nach außen kehren können! Er schlug die Hände vors Gesicht, voll Bangen, ob sich auch das Gotteskind vor ihm entsetzen würde.

Weil er aber weiter kein Geschrei vernahm, wagte er ein wenig durch die Finger zu schielen, und wahrhaftig, er sah den holden Knaben lächeln und die Hände nach seinem Kraushaar ausstrecken.

Über die Maßen glücklich war der schwarze König! Nie zuvor hatte er so großartig die Augen gerollt und die Zähne gebleckt von einem Ohr zum anderen. Melchior konnte nicht anders, er mußte die Füße des Kindes umfassen und alle seine Zehen küssen, wie es im Mohrenlande der Brauch war.

Als er aber die Hände wieder löste, sah er das Wunder; - sie waren innen weiß geworden"!

Und seither haben alle Mohren helle Handflächen, geht nur hin und seht es und grüßt sie brüderlich.



Die stillste Zeit im Jahr

Immer am zweiten Sonntag im Advent stieg der Vater auf den Dachboden und brachte die große Schachtel mit dem Krippenzeug herunter. Ein paar Abende lang wurde dann fleißig geleimt und gemalt, etliche Schäfchen waren ja lahm geworden, und der Esel mußte einen neuen Schwanz bekommen, weil er ihn in jedem Sommer abwarf wie ein Hirsch sein Geweih. Aber endlich stand der Berg wieder wie neu auf der Fensterbank, mit glänzendem Flitter angeschneit, die mächtige Burg mit der Fahne auf den Zinnen und darunter der Stall. Das war eine recht gemütliche Behausung, eine Stube eigentlich, sogar der Herrgottswinkel fehlte nicht und ein winziges ewiges Licht unter dem Kreuz. Unsere Liebe Frau kniete im seidenen Mantel vor der Krippe, und auf der Strohschütte lag das rosige Himmelskind, leider auch nicht mehr ganz heil, seit ich versucht hatte, ihm mit der Brennschere neue Locken zu drehen. Hinten standen Ochs und Esel und bestaunten das Wunder. Der Ochs bekam sogar ein Büschel Heu ins Maul gesteckt, aber er fraß es ja nie. Und so ist es mit allen Ochsen, sie schauen nur und schauen und begreifen rein gar nichts.

Weil der Vater selber Zimmermann war, hielt er viel darauf, daß auch sein Patron, der heilige Joseph, nicht nur so herumlehnte, er dachte sich in jedem Jahr ein anderes Geschäft für ihn aus. Joseph mußte Holz hacken oder die Suppe kochen oder mit der Laterne die Hirten einweisen, die von überallher gelaufen kamen und Käse mitbrachten oder Brot oder was sonst arme Leute zu schenken haben.

Es hauste freilich ein recht ungleiches Volk in unserer Krippe, ein Jäger, der zwei Wilddiebe am Strick hinter sich herzog, aber auch etliche Zinnsoldaten und der Fürst Bismarck und überhaupt alle Bestraften aus der Spielzeugkiste.

Ganz zuletzt kam der Augenblick, auf den ich schon tagelang lauerte. Der Vater klemmte plötzlich meine Schwester zwischen die Knie, und ich durfte ihr das längste Haar aus dem Zopf ziehen, ein ganzes Büschel mitunter, damit man genügend Auswahl hatte, wenn dann ein golden gefiederter Engel darangeknüpft und über der Krippe aufgehängt wurde, damit er sich unmerklich drehte und wachsam umherblickte.

Das Gloria sangen wir selber dazu. Es klang vielleicht ein bißchen grob in unserer breiten Mundart, aber Gott schaut seinen Kindern ja ins Herz und nicht in den Kopf oder aufs Maul. Und es ist auch gar nicht so, daß er etwa nur Latein verstünde.

Mitunter stimmten wir auch noch das Lieblingslied der Mutter an, das vom Tannenbaum. Sie beklagte es ja oft, daß wir so gar keine musikalische Familie waren. Nur sie selber konnte gut singen, hinreißend schön für meine Begriffe, sie war ja auch in ihrer Jugend Kellnerin gewesen. Wir freilich kamen nie über eine Strophe hinaus. Schon bei den ersten Tönen fing die Schwester aus übergroßer Ergriffenheit zu schluchzen an. Der Vater hielt ein paar Takte länger aus, bis er endlich merkte, daß seine Weise in ein ganz anderes Lied gehörte, etwa in das von dem Kanonier auf der Wacht. Ich selber aber konnte in meinem verbohrten Grübeln, wieso denn ein Tannenbaum zur Winterzeit grüne Blätter hatte, die zweite Stimme nicht halten. Daraufhin brachte die Mutter auch mich mit einem Kopfstück zum Schweigen und sang das Lied als Solo zu Ende, wie sie es gleich hätte tun sollen. Advent, sagt man, sei die stillste Zeit im Jahr. Aber in meinem Bubenalter war es keineswegs die stillste Zeit. In diesen Wochen lief die Mutter mit hochroten Wangen herum, wie mit Sprengpulver geladen, und die Luft in der Küche war sozusagen geschwängert mit Ohrfeigen. Dabei roch die Mutter so unbeschreiblich gut, überhaupt ist ja der Advent die Zeit der köstlichen Gerüche. Es duftet nach Wachslichtern, nach angesengtem Reisig, nach Weihrauch und Bratäpfeln. Ich sage ja nichts gegen Lavendel und Rosenwasser, aber Vanille riecht doch eigentlich viel besser, oder Zimt und Mandeln.

Mich ereilten dann die qualvollen Stunden des Teigrührens. Vier Vaterunser das Fett, drei die Eier, ein ganzer Rosenkranz für Zucker und Mehl. Die Mutter hatte die Gewohnheit, alles Zeitliche in ihrer Kochkunst nach Vaterunsern zu bemessen, aber die mußten laut und sorgfältig gebetet werden, damit ich keine Gelegenheit fände, den Finger in den köstlichen Teig zu tauchen. Wenn ich nur erst den Bubenstrümpfen entwachsen wäre, schwor ich mir damals, dann wollte ich eine ganze Schüssel voll Kuchenteig aufessen, und die Köchin sollte beim geheizten Ofen stehen und mir dabei zuschauen müssen! Aber leider, das ist einer von den Knabenträumen geblieben, die sich nie erfüllt haben.

Am Abend nach dem Essen wurde der Schmuck für den Christbaum erzeugt. Auch das war ein unheilschwangeres Geschäft. Damals konnte man noch ein Buch echten Blattgoldes für ein paar Kreuzer beim Krämer kaufen. Aber nun galt es, Nüsse in Leimwasser zu tauchen und ein hauchdünnes Goldhäutchen herumzublasen. Das Schwierige bei der Sache war, daß man vorher nirgendwo Luft von sich geben durfte. Wir saßen alle in der Runde und liefen braunrot an vor Atemnot, und dann geschah es eben doch, daß jemand plötzlich niesen mußte. Im gleichen Augenblick segelte eine Wolke von glänzenden Schmetterlingen durch die Stube. Einerlei, wer den Zauber verschuldet hatte, das Kopfstück bekam jedenfalls ich, obwohl es nur bewirkte, daß sich der goldene Unsegen von neuem in die Lüfte hob. Ich wurde dann in die Schlafkammer verbannt und mußte Silberpapier um Lebkuchen wickeln, um ungezählte Lebkuchen.

Kurz vor dem Fest, sinnigerweise am Tag des ungläubigen Thomas, mußte der Wunschzettel für das Christkind geschrieben werden, ohne Kleckse und Fehler, versteht sich, und mit Farben sauber ausgemalt. Zuoberst verzeichnete ich anstandshalber, was ja ohnehin von selber eintraf, die Pudelhaube oder jene Art von Wollstrümpfen, die so entsetzlich bissen, als ob sie mit Ameisen gefüllt wären. Darunter aber schrieb ich Jahr für Jahr mit hoffnungsloser Geduld den kühnsten meiner Träume, den Anker-Steinbaukasten, ein Wunderwerk nach allem, was ich davon gehört hatte. Ich glaube ja heute noch, daß sogar die Architekten der Jahrhundertwende ihre Eingebungen von dorther bezogen haben.

Aber ich selber bekam ihn ja nie, wahrscheinlich wegen der ungemein sorgfältigen Buchhaltung im Himmel, die alles genau verzeichnete, gestohlene Zuckerstücke und zerbrochene Fensterscheiben und ähnliche Missetaten, die sich durch ein paar Tage auffälliger Frömmigkeit vor Weihnachten auch nicht mehr abgelten ließen.

Wenn mein Wunschzettel endlich fertig vor dem Fenster lag, mußte ich aus brüderlicher Liebe auch noch den für meine Schwester schreiben. Ungemein zungenfertig plapperte sie von einer Schlafpuppe, einem Kramladen, lauter albernes Zeug. Da und dort schrieb ich wohl ein heimliches "Muß nicht sein" dazu, aber vergeblich. Am Heiligen Abend konnte sie doch eine Menge von Früchten ihrer Unverschämtheit ernten.

Der Vater, als Haupt und Ernährer unserer Familie, brauchte natürlich keinen Wunschzettel zu liefern. Für ihn dachte sich die Mutter in jedem Jahr etwas Besonderes aus. Ich erinnere mich noch an ein Sitzkissen, das sie ihm einmal bescherte, ein Wunderwerk aus bemaltem Samt, mit einer Goldschnur eingefaßt. Er bestaunte es auch sehr und lobte es überschwenglich, aber eine Weile später schob er es doch heimlich wieder zur Seite. Offenbar wagte es nicht einmal er, auf einem röhrenden Hirschen zu sitzen, mitten im Hochgebirge.

Für uns Kinder war es hergebracht, daß wir nichts schenken durften, was wir nicht selber gemacht hatten. Meine Schwester konnte sich leicht helfen, sie war ja immerhin ein Frauenzimmer und verstand sich auf die Strickerei oder sonst eine von diesen hexenhaften Weiberkünsten, die mir zeitlebens unheimlich gewesen sind. Einmal nun dachte auch ich etwas Besonderes zu tun. Ich wollte den Nähsessel der Mutter mit Kufen versehen und einen Schaukelstuhl daraus machen, damit sie ein wenig Kurzweil hätte, wenn sie am Fenster sitzen und meine Hosen flicken mußte. Heimlich sägte ich also und hobelte in der Holzhütte, und es geriet mir auch alles vortrefflich. Auch der Vater lobte die Arbeit und meinte, es sei eine großartige Sache, wenn es uns nur auch gelänge, die Mutter in diesen Stuhl hineinzulocken.

Aber aufgeräumt, wie sie am Heiligen Abend war, tat sie mir wirklich den Gefallen. Ich wiegte sie, sanft zuerst und allmählich ein bißchen schneller, und es gefiel ihr ausnehmend wohl. Niemand merkte jedenfalls, daß die Mutter immer stiller und blasser wurde, bis sie plötzlich ihre Schürze an den Mund preßte - es war durchaus kein Gelächter, was sie damit ersticken mußte. Lieber, sagte sie hinterher, weit lieber wollte sie auf einem wilden Kamel durch die Wüste Sahara reiten, als noch einmal in diesem Stuhl sitzen! Und tatsächlich, noch auf dem Weg zur Mette hatte sie einen glasigen Blick, etwas seltsam Wiegendes in ihrem Schritt.

Karl Heinrich Waggerl 

* 10. Dezember 1897 in Bad Gastein
† 4. November 1973 in Schwarzach
im Pongau


Deutscher Schriftsteller. 

 

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Zitate

Das Genie entdeckt die Frage, das Talent beantwortet sie.

Jeder möchte die Welt verbessern und jeder könnte es auch, wenn er nur bei sich selber anfangen wollte.

Wer seinen Nächsten verurteilt, der kann irren. Wer ihm verzeiht, der irrt nie.

Das Vorurteil ist die hochnäsige Empfangsdame im Vorzimmer der Vernunft.

Am auffälligsten unterscheiden sich die Leute darin, dass die Törichten immer wieder dieselben Fehler machen, die Gescheiten immer wieder neue.

Den Wert eines Menschen erkennt man zuverlässig daran, was er mit seiner Freizeit anfängt.

Nehmt mir's nicht übel, wenn ich keine neue Wahrheit zu verkünden habe, sondern in einem fort dasselbe sage, wie es eben von einem Menschen zu erwarten ist, der schon lange still vor sich hin lebt. Dann und wann schlägt sich wohl doch einer von euch auf meine Seite und verachtet es nicht, eine Weile meiner Binsenweise zuzuhören.

Nur ein erfülltes Leben gibt einem Menschen wirklich Wert und Festigkeit in seinem Wesen, nicht Bildung oder feine Lebensart, oder was sonst wir für wichtig halten - nur ein erfülltes Leben. Ein Mensch muß ins Ganze wachsen, wie ein Baum, der sich streckt bis zum Äußersten seiner Gestalt und keinen Zweig in seiner Krone verkümmern läßt, den ihm der Himmel zu tragen erlaubt. 

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