Greisenhatz oder
'die moralische Verkommenheit der BDR-Justiz'
Am Mittwoch, 19. Februar, haben
die Staatsanwaltschaft Stuttgart und das Landeskriminalamt drei ehemalige SS-Wachmänner
des KL Auschwitz im Alter von 88 bis 94 Jahren verhaften lassen. Sie befinden
sich in der Einrichtung Hohenasperg nordwestlich von Ludwigsburg, die schon vor
230 Jahren als Symbol für Unrechts- und Willkürjustiz berüchtigt war . Im Südwesten waren insgesamt sechs
Greise betroffen. In Hessen richteten sich die Ermittlungen gegen zwei Männer im Alter von 89 und 92 Jahren im
Rhein-Main-Gebiet. Auch in Nordrhein-Westfalen wurden am Mittwoch die Wohnräume früherer SS-Angehöriger durchsucht.
In Ostwestfalen wurde die Wohnung eines 92 Jahre alten Greises durchsucht. Belastendes Material
wurde nicht gefunden. Alle Greise sollen in den Jahren 1942, 1943 und 1944 zum
Personal des KL Auschwitz-Birkenau gehört haben. In ihren Wohnungen wurden zum Teil Dokumente
beschlagnahmt. Haftgründe im Fall der beiden hessischen Greise gebe es nicht,
hieß es. Die Greise werden der Beihilfe zum Mord beschuldigt. Die Auswertung der Dokumente werde noch einige Zeit dauern. Es müsse noch in Archiven
recherchiert werden, sagten die Staatsanwaltschaften.
Früher galt als rechtens, dass für eine Verurteilung wegen Beihilfe zum Mord die individuelle Schuld nachgewiesen werden muss.
Seit dem ungeheuerlichen Prozess gegen den 93-jährigen US-Ukrainer John Demjanjuk
unter dem Vorsitz des Richters Ralph Alt (unten) hat die BDR-Justiz im Jahr 2011 die Beihilfe zum Mord neu definiert. Individuelle Schuld
braucht nicht mehr nachgewiesen zu werden: Egal, ob man als als Koch,
Krankenpfleger oder als Mitarbeiter der Pflanzenforschung beim Betrieb eines KL
tätig war, man ist vermutlich der Beihilfe zum Mord schuldig und wird
weggesperrt.
Die Greise gehören zu einer Gruppe von etwa 30 Personen, die Kurt Schrimm
(oben), Leiter der
sog. Zentralen Stelle zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen in Ludwigsburg, im vergangenen Herbst den zuständigen Staatsanwaltschaften
zur Verfolgung gemeldet hatte. Der älteste der Beschuldigten war bei Abschluss der Vorermittlungen 97 Jahre alt.
Schrimm sagte, dass nur wenige strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden könnten,
er wäre aber zufrieden, sie aufgespürt zu haben. Zum Beispiel den
ehemaligen Litauer Hans Lipschis, der während des Zweiten Weltkrieges als junger
Mann Koch in Auschwitz war. Lipschis wurde schon im Mai 2013 *) verhaftet und in Untersuchungshaft im Justizvollzugskrankenhaus Hohenasperg
genommen. Im Dezember 2013 musste er krankheitshalber wieder entlassen werden. Der
nächste Schritt der Weiterentwicklung der BDR-Horror-Justiz wird wohl darin
bestehen, dass man alle Deutschen, die während des Zweiten Weltkrieges nicht
nachweislich mit den alliierten Feindmächten zusammenarbeiteten, wie
beispielsweise die Herren Dietrich Bonhoeffer
und Richard Sorge ,
unter Generalverdacht stellt: Beihilfe zum Mord durch Unterstützung des
NS-Regimes. Herr Kurt Schrimm von der Zentralen Stelle zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen in Ludwigsburg
sollte rechtzeitig Personal anfordern, um sich auf diese Jahrhundertaufgabe
vorzubereiten.
*) Man vergleiche den
Pädophilen-Fall 'Operation Spade' ,
wo die Staatsanwaltschaft zwei Jahre
und vier Monate benötigte, um aktiv zu werden.
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ABCD
Motto 1: Bosheit ist eine Art Delirium und verwirrt den Verstand.
Friedrich II., der Große (1712-1786), preußischer König
;
Motto 2: Die Rache ist das Zeichen eines kleinen und schwachen Geistes und die Freude einer niederen Seele.
Juvenal (58-140), römischer Satiriker
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