Eröffnung
der Universität Marburg
am 30. Mai 1527
ABCD
durch
Landgraf Philipp
den Großmütigen
von Hessen (Abb.).
Mit der Gründung
einer Universität wurde dem Lutherwort , dass die Obrigkeiten christliche
Schulen aufrichten und halten sollen, Folge geleistet. Landgraf Philipp schuf mit ihr zugleich eine Ausbildungsstätte für hessische Pfarrer und Beamte. Das gleichzeitig eingerichtete Pädagogium
, das heutige Gymnasium Philippinum, war als Bindeglied zu den ländlichen und städtischen Schulen gedacht und blieb bis 1833 mit der Universität verbunden. Mit der 1529 gegründeten Stipendiatenanstalt, die ebenfalls heute noch besteht, schuf der Landgraf eine Fördermöglichkeit für begabte, aber mittellose junge Männer, damit diese Pädagogium und Universität besuchen konnten.
Die mit zunächst 10 Professoren und etwa 90 Studenten eröffnete Universität bestand aus einer theologischen, einer juristischen, einer medizinischen und einer philosophischen Fakultät. Letztere hatte vorbereitenden Charakter für das Studium an einer der drei höheren Fakultäten. Die Professoren waren überwiegend Freunde oder Anhänger Luthers, dazu kamen Erfurter Universitätsabsolventen. Der neuen Einrichtung wurde
zunächst das Gebäude des aufgehobenen Dominikanerklosters zugewiesen. Bis 1533 folgten das Franziskanerkloster und das klosterähnliche Kugelhaus. Für fast 300 Jahre blieb es bei diesem Gebäudebestand. Das Vermögen dieser drei und noch weiterer hessischer Klöster bildete ab 1540 die finanzielle Grundlage der Universität; von Anfang an kamen auch landesherrliche Zahlungen dazu. Das kaiserliche Privileg von 1541 brachte schließlich die reichsweite Anerkennung der Marburger Abschlüsse.
Nach Philipps Tod 1567 wurde sein Territorium auf seine vier Söhne aufgeteilt, die Universität aber von allen gemeinsam weiter geführt. Als der Marburger Landgraf 1604 ohne Erben verstarb, verschärften sich die Auseinandersetzungen zwischen dem sich inzwischen zum Calvinismus bekennenden Kasseler Landgrafen, dem Marburg zufiel, und der zweiten noch bestehenden Linie in Darmstadt. Landgraf Ludwig V. von Hessen-Darmstadt gründete 1607 in Gießen
eine eigene Universität, die im Gegensatz zum jetzt calvinistischen Marburg lutherisch ausgerichtet war. Zur Finanzierung benutzte Ludwig diejenigen Einkünfte der Marburger Universität, die aus seinem Territorium stammten. In diese Zeit fällt in Marburg die weltweit erste Einrichtung von Lehrstühlen für Romanistik im Jahr 1606 und für Chemie drei Jahre später.
Mit dem Beginn des Dreißigjährigen Krieges
wurden die Zwistigkeiten zwischen Kassel und Darmstadt um Hessen-Marburg auch militärisch ausgetragen. Nach der Eroberung Marburgs 1624 durch Hessen-Darmstadt führte Landgraf Ludwig V. die Marburger Universität wieder zum lutherischen Glauben zurück und schloss Gießen. Kurz nach der Feier des
100-jährigen Bestehens der Marburger und nun wieder gesamthessischen Universität fanden die Auseinandersetzungen zwischen den beiden hessischen Landgrafenlinien zunächst ein
Ende. 1627 fiel die Universität Hessen-Darmstadt zu, die Einkünfte, die Buchbestände und Archivalien
wurden zwischen Marburg und den Landgrafen in Kassel aufgeteilt; letztere begründeten dort 1633 eine Hohe Schule.
Anfang 1646 fiel die Stadt Marburg wieder an Hessen-Kassel. In Gießen erfolgte die Wiedererrichtung der Landesuniversität im Mai 1650, in Marburg kam es zu diesem Schritt erst 1653; die Hohe Schule in Kassel wurde geschlossen.
Die Statuten aus dem Jahr 1653 verpflichteten die Lehrenden auf das reformierte Bekenntnis.
Die Berufung des Philosophen Christian Wolff , der vom preußischen König Friedrich Wilhelm I.
aus Halle vertrieben worden war, bescherte Marburg eine Blüte und lockte auch von weit her Studenten
an. Wolffs Wegzug aus Marburg 1740 leitete einen schleichenden Niedergang der Universität
ein, vor allem die hier stark vertretenen Mediziner gaben Marburg jedoch neuen Auftrieb. Kurz nach 1800 wirkte der Jurist Friedrich Carl von Savigny
als Lehrer und Mentor für die beiden sicherlich bekanntesten Marburger Studenten Jakob
und Wilhelm Grimm .
Mit der Errichtung des Königreichs Westphalen
1807 unter der Herrschaft von Napoleons jüngstem Bruder Jérôme
stand die Existenz der Marburger Universität auf Messers Schneide: Neben den renommierten Universitäten Göttingen und Halle sollte nur eine weitere Einrichtung im Staatsgebiet bestehen bleiben. 1809
wurde entschieden, Rinteln
und Helmstedt
zu schließen. Marburg erfuhr bis zum Ende des Königreichs Westphalen im Herbst 1813 eine großzügige Förderung.
Nachdem der hessische Kurfürst
wieder in sein restauriertes Territorium zurück gekehrt war, fristete Marburg erneut ein eher trauriges Dasein, wenn es auch einige Lichtblicke gab: Die Physik, die Botanik und die Chemie – hier ist der Name Bunsen
zu nennen – nahmen einen Aufschwung. 1858 wurde eine moderne Chirurgie
erbaut. 1866 wurde die Marburger Universität preußisch. Damals hatte sie
264 Studenten (davon 22 Nicht-Hessen) und 51 Professoren. Jetzt setzte ein Aufschwung in jeder Hinsicht
ein. Bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs verdoppelte sich die Zahl der Lehrstühle und verfünffachte sich die Zahl der Studenten. Preußen steckte sehr viel Geld in die Universität und erreichte, dass um 1900 in Marburg in allen Fakultäten renommierte Professoren
lehrten. Dem Erfinder der Serum-Therapie gegen Diphterie und Professor für Hygiene Emil von Behring
wurde 1901 der erste Nobelpreis für Medizin verliehen. Äußeres Zeichen war der Neubau der heute sogenannten „Alten Universität“ anstelle des inzwischen baufälligen Dominikanerklosters zwischen 1874 und 1891. Daneben wurden zahlreiche moderne Institute errichtet. 1908 war es schließlich auch den Frauen gestattet, sich an der Universität zu immatrikulieren.
Nach dem Ersten Weltkrieg war auch in den 1920er Jahren das wissenschaftliche Ansehen Marburgs hoch. Die Studentenschaft war zu großen Teilen nationalistisch
eingestellt. In der Marburger Studentenvertretung hatte der NS-Studentenbund bereits im Sommersemester 1931 die Mehrheit erlangt.
Marburg überstand den Zweiten Weltkrieg weitgehend unzerstört; Verluste an Menschenleben und Schäden an Gebäuden, darunter die Augenklinik, die Medizinische Poliklinik und die Chirurgie, brachten Angriffe im Februar 1944 und im Februar und März 1945.
Schon im September 1945 wurde die Marburger Universität wieder eröffnet.
Marburg erwarb sich einen Ruf als „rote Universität“, die 1970 rund 10.000 Studierende hatte.
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