Wilhelm Ganzhorn
* 14. Januar 1818 in Böblingen
†
9. September 1880 in
Cannstatt
Deutscher Jurist und
Dichter
Ganzhorn wurde als Sohn des Kastenverwalters (Schlossvogts) im Schloss von Böblingen
geboren. Er wuchs in Böblingen und ab 1822 in Sindelfingen mit zwei Brüdern und mit drei Schwestern auf. 1826 kaufte der Vater
ein Anwesen in Sindelfingen, in dem Ganzhorn seine Kindheit und Jugend verbrachte.
In Sindelfingen besuchte er auch die Lateinschule und zeigte sich bereits dort musikalisch begabt. Von Frühjahr 1832 bis Herbst 1836 ging Ganzhorn auf das Obergymnasium in
Stuttgart. Während seiner Schulzeit interessierte er sich für das Theater, las Shakespeare und schrieb von 1833 bis 1836 etwa 200 Gedichte.
Dem Wunsch seines Vaters, Pfarrer zu werden, konnte er aufgrund seiner mangelhaften Leistungen in Hebräisch nicht folgen.
Vom Sommersemester 1837 bis 1839 studierte Ganzhorn an der Universität Tübingen Rechtswissenschaften. In diesen drei Studienjahren entstanden etwa 140 Gedichte: unter anderem Liebesgedichte und Naturlyrik. Im Mai 1840 begann er sein 7. Semester an der Universität Heidelberg.
In dieser Zeit unternahm er im Juni 1840 eine Reise den Rhein hinab. Dabei lernte Ganzhorn den Dichter Ferdinand Freiligrath
in einer Wirtschaft bei einer fröhlichen Runde kennen. Es entwickelte sich eine lebenslange und enge Freundschaft mit ihm. Im Juni 1841 bestand
Ganzhorn seine erste juristische Prüfung und im November 1842 die zweite höhere Dienstprüfung und hatte somit die Befähigung zum Richteramt.
Im Januar 1841 erschien das „Schwäbische Volks-Liederbuch“ mit etwa 200 Liedern, die Ganzhorn gesammelt und zusammengestellt hatte. Autoren waren unter anderem Ludwig
Uhland , Justinus Kerner
und Friedrich
Schiller . Viele dieser Lieder werden auch heute noch
gesungen.
Im Januar 1843 begann Ganzhorn als Assistent beim Oberamtsgericht Backnang seine berufliche Tätigkeit.
Im August 1844 wurde er zum Gerichtsaktuar, das heißt zum zweiten Richter im Oberamtsgericht, in Neuenbürg ernannt. Als solcher war er Gehilfe des Oberamtsrichters und zugleich sein gesetzlicher Vertreter.
Erste politische Gedichte entstanden im Dezember 1840, und Anfang 1846 wurden politische Gedichte von Ganzhorn im Neuenbürger Amtsblatt veröffentlicht. Ganzhorn betätigte sich in den Revolutionsjahren 1848/1849
politisch.
Im Januar 1850 bewarb sich Ganzhorn um das Amt des Sindelfinger
Stadtschultheißen. Ihm wurde seine demokratische und liberale Gesinnung zum Nachteil ausgelegt, so dass er
die Stelle nicht bekam. Danach änderte er seine politische Haltung und gab eine Treue-Erklärung an die Regierung ab.
Im Mai 1854 wurde Ganzhorn zunächst provisorisch und im November dann endgültig zum Oberamtsrichter in Aalen ernannt.
Im Dezember 1859 wurde er nach Neckarsulm versetzt. Ganzhorn war im sonst überwiegend katholischen Neckarsulm Mitglied der evangelischen Gemeinde und wurde 1860 zum Pfarrgemeinderat gewählt. Er behielt diese Position bis zu seinem Wegzug 1878.
In seiner Neckarsulmer Zeit trat er dem Historischen Verein für das württembergische Franken
bei und führte selbst Ausgrabungen zunächst in seinem Oberamtsbezirk Neckarsulm und später auch unter anderem in Sindelfingen durch. Er hielt mehrfach
Vorträge über seine Funde in der Neckargegend. Außerdem hatte er Interesse für Anthropologie, was ihn auf Ausstellungen und Versammlungen mit bedeutenden Männern seiner Zeit, wie zum Beispiel mit Rudolf
Virchow
zusammenbrachte. Ganzhorn hatte viele Freunde und Bekannte, besonders unter seinen Dichterkollegen.
Neben dem Dichter Ferdinand Freiligrath waren dies Joseph Victor von
Scheffel , Gustav
Schwab , Justinus
und Theobald
Kerner, Ludwig Uhland und der Heilbronner Arzt und Naturforscher Robert Mayer
.
In seiner beruflichen Tätigkeit war Ganzhorn ein milder und wohlwollender Richter.
Im Mai 1878 wurde er als Oberamtsrichter nach Cannstatt versetzt. Ganzhorn reiste zeitlebens
gern, wobei er viele Länder Europas besuchte. Ganzhorns Ruhm als Lyriker begründet sich durch das Gedicht
'Im schönsten Wiesengrunde'. Er dichtete es in 13 Strophen und vollendete es im November 1851. Von den 13 Strophen werden gewöhnlich nur die erste und die beiden letzten Strophen gesungen:
1.
Im schönsten Wiesengrunde ist meiner Heimat Haus,
Ich zieh zur Morgenstunde ins Tal hinaus.
Dich, mein stilles Tal, grüß ich tausendmal!
Ich zieh zur Morgenstunde ins Tal hinaus.
12.
Müßt’ aus dem Tal ich scheiden, wo alles Lust und Klang;
das wär mein herbstes Leiden, mein letzter Gang.
Dich, mein stilles Tal, grüß ich tausendmal!
Das wär mein herbstes Leiden, mein letzter Gang.
13.
Sterb ich, – in Tales Grunde will ich begraben sein;
singt mir zur letzten Stunde beim Abendschein:
Dir, mein stilles Tal, Gruß zum letzten Mal!
Singt mir zur letzten Stunde beim Abendschein!. |
In Conweiler
im Gasthaus "Rößle" stand die Wiege von Ganzhorns
Frau Luise Alber. Und in der "Dichterecke" dieser Wirtschaft liegt der Ursprung des Liedes "Im schönsten Wiesengrunde."
Dort hat im Jahr 1850 Ganzhorn die obigen Verse niedergeschrieben, als er von Neuenbürg nach Aalen versetzt wurde.
Sein Weg führte immer wieder von der damaligen Oberamtsstadt im Tal der Enz über Schwann nach Conweiler, um im "Rößle" einzukehren. Kein Wunder, denn die Wirtstochter Luise Alber
war seine Braut. Ganzhorn nächtigte in besagter Dichterecke, und seine Braut fand am nächsten Morgen einen Abschiedsgruß vor, die Zeilen für "Im schönsten Wiesengrunde". Zu Papier brachte er 13 Verse, gesungen werden jedoch nur die erste und die beiden letzten Strophen. Die Melodie stammt aus der Feder Friedrich
Silchers
.
Im Januar 1855 heiratete Ganzhorn seine Braut in der Kirche zu Feldrennach
. Der Wunsch
Ganzhorns, "in Tales Grunde" begraben zu werden, ging nicht in Erfüllung. Er
starb 1880 an den Folgen einer Lungenentzündung
als Oberamtsrichter in Cannstatt. An seinem Grabe erklang sein bereits zum Volkslied gewordenes Lied "Im schönsten Wiesengrunde".
Er
wurde in Cannstatt beerdigt.
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