Samstag, 18. Oktober 2014

Heinrich von Kleist

* 18. Oktober 1777 in Frankfurt an der Oder
† 21. November 1811 am Kleinen Wannsee bei Berlin
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Deutscher Dramatiker, Erzähler, Lyriker und Publizist.

 

Kleist entstammte einer Familie des pommerschen Uradels. Kleists Vater diente als Stabskapitän in der Garnisonsstadt Frankfurt an der Oder. Aus dessen ersten Ehe gingen die beiden Halbschwestern Kleists, Wilhelmine und Ulrike hervor. Der letzteren stand Kleist später sehr nahe. Kleists Vater heiratete 1775 ein zweites Mal. Aus dieser Ehe gingen fünf Kinder hervor, darunter als drittes Heinrich von Kleist. Nach dem Tod seines Vaters 1788 wurde Kleist in Berlin in der Pension eines reformierten Predigers erzogen.  

Im Juni 1792 trat der junge Kleist in das 3. Bataillon des Garderegiments zu Potsdam ein und nahm am Rheinfeldzug gegen Frankreich sowie an der Belagerung von Mainz teil. 1795 wurde er zum Fähnrich und 1797 zum Leutnant befördert. Privat nahm er mathematische und philosophische Studien in Potsdam auf und erwarb sich den Universitätszugang. 1797 verkauften er und seine Geschwister den ererbten väterlichen Besitz für 30.000 Taler, wovon er nach seiner Großjährigkeit im Oktober 1801 über ein Siebtel verfügte. Im März 1799 äußerte er die Absicht, den als unerträglich empfundenen Militärdienst aufzugeben und ein wissenschaftliches Studium aufzunehmen.

Nach seiner Entlassung aus dem Militär begann Kleist im April 1799 in Frankfurt an der Oder neben Mathematik als Hauptfach Physik, Kulturgeschichte, Latein und Kameralwissenschaften zu studieren. Die wissenschaftliche Ausbildung vermochte Kleist jedoch schon bald nicht mehr voll zu befriedigen. Noch 1799 lernte er die Generalstochter Wilhelmine von Zenge
kennen, mit der er sich Anfang 1800 verlobte. Im gleichen Jahr brach er nach nur drei Semestern das Studium wieder ab und begann eine Tätigkeit als Volontär im preußischen Wirtschaftsministerium in Berlin. Bald geriet er in eine Lebenskrise, die er mittels einer ausgedehnten Reise nach Frankreich zu überwinden suchte.

Im Frühjahr 1801 reiste er zusammen mit seiner Schwester Ulrike über Dresden nach Paris. Doch angesichts der von ihm als sittenlos empfundenen Hauptstadt sah er sich angeregt, ein bäuerliches Leben zu führen. Ab April 1802 wohnte er auf einer Insel in der Aare
bei Thun in der Schweiz. Es kam zum Bruch mit seiner Braut, die nicht seinen Vorstellungen gemäß als Bäuerin mit ihm zusammenleben wollte. Er arbeitete nun an dem Trauerspiel 'Die Familie Schroffenstein', schrieb weiter am Trauerspiel 'Robert Guiskard Herzog der Normänner' und begann mit dem Lustspiel 'Der zerbrochne Krug'.

Im Frühjahr 1803 reiste Kleist nach Deutschland und danach abermals nach Paris. Dort verbrannte er die fertiggestellten Teile des Guiskard in tiefer Verzweiflung und fasste den Entschluss, in der französischen Armee gegen England zu kämpfen, um den Tod in der Schlacht zu sterben, wurde aber durch einen Bekannten dazu überredet, nach Potsdam zurückzukehren. Im Dezember 1803 beantragte er in Berlin eine Anstellung im diplomatischen Dienst.

Nach einer kurzen Tätigkeit im von Karl Freiherr vom Stein zum Altenstein
geleiteten Finanzdepartment Mitte 1804 arbeitete er ab Mai 1805 auf dessen Empfehlung als Beamter im Vorbereitungsdienst ohne festes Gehalt in Königsberg und sollte sich dort in Kameralistik ausbilden lassen. In Königsberg vollendete Kleist den 'Zerbrochnen Krug' und arbeitete an dem Lustspiel 'Amphitryon', dem Trauerspiel 'Penthesilea' und an den Erzählungen 'Michael Kohlhaas' und 'Das Erdbeben in Chili'. Im Herbst 1806 entschied sich Kleist, aus dem Staatsdienst zu scheiden, um sich nunmehr durch dramatische Arbeiten zu ernähren. Auf dem Wege nach Berlin wurden Kleist und seine Begleiter im Januar 1807 von den französischen Behörden als angebliche Spione verhaftet und in das Kriegsgefangenenlager Châlons-sur-Marne transportiert. Dort schrieb er die Novelle 'Marquise von O....' und arbeitete weiter an der 'Penthesilea'.

Nach seiner Freilassung reiste er über Berlin nach Dresden (ab Ende August 1807), wo er unter anderem Schillers Freund Christian Gottfried Körner
, die Romantiker Ludwig Tieck , Caspar David Friedrich und vor allem den Staats- und Geschichtsphilosophen Adam Heinrich Müller . Zusammen mit Müller gab Kleist ab Januar 1808 das 'Journal für die Kunst - Phöbus' heraus. Das erste Heft mit dem Beitrag 'Fragment aus dem Trauerspiel: Penthesilea' sandte er unter anderem Goethe zu, der in einem Antwortschreiben sein Unverständnis bekundete. 1808 bewarb sich Kleist unter anderem auf die freigewordene Stelle eines Postdirektors in Lünen (Westfalen).

Im Dezember 1808 vollendete Kleist unter dem Eindruck des Widerstands Spaniens gegen Napoleon und der Besetzung Preußens das Drama 'Die Hermannsschlacht', in dem er die Varusschlacht des Jahres 9 n. Chr. aufgriff. Im Mai 1809 reiste er nach Prag und bekam Zugang zu patriotischen Kreisen,  die planten, ein Wochenblatt mit dem Titel 'Germania' herauszugeben. Wegen der Kapitulation Österreichs blieb das Projekt unverwirklicht. Im November 1809 traf Kleist in Frankfurt (Oder) ein und fuhr einen Monat später wieder nach Berlin, wo er sich mit einer kurzen Unterbrechung bis zu seinem Tod aufhielt. In Berlin schloss Kleist unter anderem Bekanntschaft mit Achim von Arnim , Clemens Brentano , Joseph von Eichendorff , Wilhelm Grimm und Karl August Varnhagen von Ense
. Im April 1810 erschien der erste Band seiner Erzählungen (Michael Kohlhaas, Die Marquise von O...., Das Erdbeben in Chili) und im September Das Käthchen von Heilbronn, dessen Aufführung August Wilhelm Iffland als Direktor der Berliner Bühne jedoch ablehnte.

Ab dem 1. Oktober 1810 plante Kleist ein neues Zeitungsprojekt: die 'Berliner Abendblätter', ein täglich erscheinendes Zeitungsblatt mit lokalen Nachrichten, als dessen Zweck die Unterhaltung aller Stände des Volkes und die Beförderung der Nationalsache angegeben wurde. Als Autoren schrieben hier so Prominente wie Ernst Moritz Arndt , Achim von Arnim, Clemens Brentano, Adelbert von Chamisso und Friedrich Karl von Savigny . Kleist selbst veröffentlichte unter anderem seine Abhandlungen 'Gebet des Zoroaster', 'Betrachtungen über den Weltlauf', 'Brief eines Malers an seinen Sohn', 'Allerneuester Erziehungsplan' und vor allem 'Über das Marionettentheater' in den Abendblättern. Als Besonderheit und Publikumsmagnet erwies sich Kleists Veröffentlichung aktueller Polizeiberichte. Im Frühjahr 1811 musste die Herausgabe der Zeitung wegen verschärfter Zensurbestimmungen eingestellt werden. 

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Als sein Versuch scheiterte, eine Anstellung in der preußischen Verwaltung zu erlangen, und auch sein 1809 begonnenes Schauspiel 'Prinz von Homburg' bis 1814 mit einem Aufführungsverbot durch Friedrich Wilhelm III. belegt wurde, musste Kleist innerhalb kurzer Zeit einige Erzählungen schreiben, um sich den Lebensunterhalt zu sichern. Nahezu mittellos und innerlich verzweifelt, nahmen die Gedanken an einen Suizid überhand. Er fand eine Begleiterin für diesen Weg, die an Krebs erkrankte Henriette Vogel . Mit ihrem Einverständnis erschoss Kleist am 21. November 1811 am heutigen Kleinen Wannsee im Südwesten Berlins, zuerst sie und dann sich selbst. Begraben wurden Kleist und Henriette Vogel an Ort und Stelle, da der Suizid damals geächtet war.

Geistesgeschichtlich lässt sich Kleist nur schwer einordnen. 'Der zerbrochne Krug' und seine erste Tragödie 'Die Familie Schroffenstein' orientiert sich am Dramenstil Shakespeares. Seine zweite Tragödie 'Penthesilea' ist von antiken Tragödien inspiriert. Erfolgreicher als diese beiden Tragödien war damals sein romantisches Schauspiel 'Das Käthchen von Heilbronn'. Im Genre der Komödie machte sich Kleist einen Namen mit 'Dem zerbrochnen Krug'. In der 'Hermannsschlacht' verlieh Kleist seinem Hass auf die Unterdrücker seines Landes Ausdruck. Das Drama 'Prinz Friedrich von Homburg' wurde erstmals 1821 veröffentlicht. 'Robert Guiskard' ein in großem Maßstab konzipiertes Drama, blieb Fragment. Kleist war ein Meister in der Kunst der Erzählung. 'Michael Kohlhaas gilt' als eine der wichtigsten deutschsprachigen Erzählungen ihrer Zeit. Bedeutend sind weiterhin die Erzählungen 'Das Erdbeben in Chili', 'Die Marquise von O....' und 'Die heilige Cäcilie oder die Gewalt der Musik'.

Kleist hat auf seine Zeitgenossen und auf spätere Leser eine widersprüchliche, aber nachhaltige Wirkung ausgeübt. Als folgenreich erwies sich die missglückte Uraufführung des 'Zerbrochnen Krugs' am Weimarer Hoftheater unter der Leitung Goethes. Einzig die Erfolgsgeschichte des Kleist-Dramas 'Das Käthchen von Heilbronn' begann schon zu Lebzeiten des Dichters mit einer Wiener Aufführung vom 17. März 1810. Bis auf wenige Ausnahmen blieben Kleist die Schauspielhäuser seiner Zeit verschlossen. Seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden Kleists Dramen und Erzählungen neuentdeckt. Angesichts seiner weitgehenden Ablehnung durch die Vertreter der Weimarer Klassik bot Kleist sich als Vorbild für die Ablösung einer neuen Schriftstellergeneration von dieser Klassik an, darunter Gerhart Hauptmann
und Frank Wedekind

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Weitere Infos:   

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Anekdote aus dem letzten preußischen Kriege

In einem bei Jena liegenden Dorf, erzählte mir, auf einer Reise nach Frankfurt, der Gastwirt, daß sich mehrere Stunden nach der Schlacht, um die Zeit, da das Dorf schon ganz von der Armee des Prinzen von Hohenlohe verlassen und von Franzosen, die es für besetzt gehalten, umringt gewesen wäre, ein einzelner preußischer Reiter darin gezeigt hätte; und versicherte mir, daß wenn alle Soldaten, die an diesem Tage mitgefochten, so tapfer gewesen wären, wie dieser, die Franzosen hätten geschlagen werden müssen, wären sie auch noch dreimal stärker gewesen, als sie in der Tat waren. Dieser Kerl, sprach der Wirt, sprengte, ganz von Staub bedeckt, vor meinen Gasthof, und rief: »Herr Wirt!« und da ich frage: was gibt's? »ein Glas Branntewein!« antwortet er, indem er sein Schwert in die Scheide wirft: »mich dürstet« Gott im Himmel! sag ich: will er machen, Freund, daß er wegkömmt? Die Franzosen sind ja dicht vor dem Dorf! »Ei, was!« spricht er, indem er dem Pferde den Zügel über den Hals legt. »Ich habe den ganzen Tag nichts genossen!« Nun er ist, glaub ich, vom Satan besessen –! He! Liese! rief ich, und schaff ihm eine Flasche Danziger herbei, und sage: da! und will ihm die ganze Flasche in die Hand drücken, damit er nur reite. »Ach, was!« spricht er, indem er die Flasche wegstößt, und sich den Hut abnimmt: »wo soll ich mit dem Quark hin?« Und: »schenk er ein!« spricht er, indem er sich den Schweiß von der Stirn abtrocknet: »denn ich habe keine Zeit!« Nun er ist ein Kind des Todes, sag ich. Da! sag ich, und schenk ihm ein; da! trink er und reit er! Wohl mag's ihm bekommen: »Noch eins!« spricht der Kerl; während die Schüsse schon von allen Seiten ins Dorf prasseln. Ich sage: noch eins? Plagt ihn –! »Noch eins!« spricht er, und streckt mir das Glas hin – »Und gut gemessen«, spricht er, indem er sich den Bart wischt, und sich vom Pferde herab schneuzt: »denn es wird bar bezahlt!« Ei, mein Seel, so wollt ich doch, daß ihn –! Da! sag ich, und schenk ihm noch, wie er verlangt, ein zweites, und schenk ihm, da er getrunken, noch ein drittes ein, und frage: ist er nun zufrieden? »Ach!« – schüttelt sich der Kerl. »Der Schnaps ist gut! – Na!« spricht er, und setzt sich den Hut auf: »was bin ich schuldig?« Nichts! nichts! versetz ich. Pack er sich, ins Teufelsnamen; die Franzosen ziehen augenblicklich ins Dorf! »Na!« sagt er, indem er in seinen Stiefel greift: »so soll's ihm Gott lohnen«, und holt, aus dem Stiefel, einen Pfeifenstummel hervor, und spricht, nachdem er den Kopf ausgeblasen: »schaff er mir Feuer!« Feuer? sag ich: plagt ihn –? »Feuer, ja!« spricht er: »denn ich will mir eine Pfeife Tabak anmachen.« Ei, den Kerl reiten Legionen –! He, Liese, ruf ich das Mädchen! und während der Kerl sich die Pfeife stopft, schafft das Mensch ihm Feuer. »Na!« sagt der Kerl, die Pfeife, die er sich angeschmaucht, im Maul: »nun sollen doch die Franzosen die Schwerenot kriegen!« Und damit, indem er sich den Hut in die Augen drückt, und zum Zügel greift, wendet er das Pferd und zieht von Leder. Ein Mordkerl! sag ich; ein verfluchter, verwetterter Galgenstrick! Will er sich ins Henkers Namen scheren, wo er hingehört? Drei Chasseurs – sieht er nicht? halten ja schon vor dem Tor? »Ei was!« spricht er, indem er ausspuckt; und faßt die drei Kerls blitzend ins Auge. »Wenn ihrer zehen wären, ich fürcht mich nicht« Und in dem Augenblick reiten auch die drei Franzosen schon ins Dorf. »Bassa Manelka!« ruft der Kerl, und gibt seinem Pferde die Sporen und sprengt auf sie ein; sprengt, so wahr Gott lebt, auf sie ein, und greift sie, als ob er das ganze Hohenlohische Corps hinter sich hätte, an; dergestalt, daß, da die Chasseurs, ungewiß, ob nicht noch mehr Deutsche im Dorf sein mögen, einen Augenblick, wider ihre Gewohnheit, stutzen, er, mein Seel, ehe man noch eine Hand umkehrt, alle drei vom Sattel haut, die Pferde, die auf dem Platz herumlaufen, aufgreift, damit bei mir vorbeisprengt, und: »Bassa Teremtetem!« ruft, und: »Sieht er wohl, Herr Wirt?« und »Adies!« und »auf Wiedersehn!« und: »hoho! hoho! hoho!« – – So einen Kerl, sprach der Wirt, habe ich zeit meines Lebens nicht gesehen.

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Werke:

Die Marquise von O...

Katechismus der Deutschen, abgefasst nach dem Spanischen,
zum Gebrauch für Kinder und Alte

Zitate

Erfülle deine Pflicht; und dieser Satz enthält die Lehren aller Religionen.

Ich trage eine innere Vorschrift in meiner Brust, gegen welche alle äußeren, und wenn sie ein König unterschrieben hätte, nichtswürdig sind.

Kein Gold besticht ein empörtes Gewissen.

Der Mensch soll mit der Mühe Pflugschar sich
Des Schicksals harten Boden öffnen, soll
Des Glückes Erntetag sich selbst bereiten
Und Taten in die offnen Furchen streun.

O welch herrliches Geschenk des Himmels ist ein schönes Vaterland!

Es bricht der Wolf, o Deutschland, in deine Herden ein, und deine Hirten streiten um eine Handvoll Wolle sich.

Ein frei denkender Mensch bleibt nicht da stehen, wo der Zufall ihn hinstößt.

Torheit, du regierst die Welt.

Die zwei obersten Grundsätze: Was das Volk nicht weiß, macht das Volk nicht heiß. Was man dem Volk dreimal sagt, hält das Volk für wahr.

Journalistik ist die Kunst, das Volk glauben zu machen, was die Regierung für gut findet.

Nicht ein Zehnteil würd' ein Herr des Bösen tun, müßt er es selbst mit eignen Händen tun.

Im Recht zu sein, kann vor Gericht zu einem entscheidenden Nachteil werden.

Freund, versäume nicht zu leben,
Denn die Jahre fliehn;
Und es wird der Saft der Reben
Uns nicht lange glühn!

Man müßte wenigstens täglich ein gutes Gedicht lesen, ein schönes Gemälde sehen, ein sanftes Lied hören - oder ein herzliches Wort mit einem Freunde reden, um auch den schönen, ich möchte sagen, den menschlichen Teil unseres Wesens zu bilden.

Der Kummer steht einsam und vermieden von allen Glücklichen wie ein gefallener Günstling. Nur die Freundschaft lächelt ihm.

Jedwedes Übel ist ein Zwilling.
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