Wartburgfest
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18. Oktober 1817 auf der Wartburg
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Anlässlich des 300. Jahrestages des Thesenanschlags
Martin Luthers
(31. Oktober 1517) und im Gedenken an die Völkerschlacht bei Leipzig
(16. bis 19. Oktober 1813) lud die Jenaer Burschenschaft Vertreter deutscher Universitäten zum 18. Oktober 1817 auf die Wartburg zu einem
Nationalfest ein. Im Einladungsschreiben hieß es:
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„Der Himmel segne unser gemeinsames Streben Ein Volk zu werden, das voll der Tugenden der Väter und Brüder durch Liebe und Eintracht die Schwächen und Fehler beider
beseitigt.“
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Die Wartburg wurde wegen ihrer symbolischen Bedeutung als Ort gewählt. Hier hatte
Martin Luther mit seiner Bibelübersetzung der deutschen Sprache
revolutioniert und ein Zeichen des Widerstands gegen die kulturelle Fremdherrschaft
gesetzt. Fünfhundert Studenten aus dreizehn Universitäten erschienen, das waren etwa ein Achtel der damaligen akademischen Jugend. Sie kamen aus fast allen Teilen Deutschlands, die nördlichste vertretene Hochschule war die Universität Kiel. Auch mehrere Professoren der Universität Jena nahmen
teil.
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Unter dem Wahlspruch „Ehre, Freiheit, Vaterland“ wurden im Rittersaal der Burg zunächst Reden gehalten. Dann sang man den Choral
'Nun danket alle Gott'. Die Veranstaltung endete mit einem Schlusssegen. Anschließend gab es ein Festessen, bei dem Trinksprüche und Hochrufe auf Luther,
auf Gerhard von Scharnhorst
, Ferdinand von Schill
und Theodor Körner
ausgebracht wurden.
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Auf dem nahe gelegenen Wartenberg hatten Angehörige des Landsturms zum Gedenken an die Völkerschlacht
ein Siegesfeuer entzündet, und dorthin waren die Studenten nach dem Festessen mit einem Fackelzug gezogen. Die Professoren hatten aus gesundheitlichen Gründen und aus Furcht vor dienstrechtlichen Sanktionen auf eine Teilnahme
verzichtet. Zwei Studenten, die in der Turnbewegung aktiv waren, hielten kurze Ansprachen, in der auch an die Bücherverbrennung erinnert wurde, bei der Luther die Päpstliche Bulle und die Schriften des kanonischen Rechts im Dezember 1520 den Flammen überantwortet hatte.
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Daraufhin warfen die Studenten unter allgemeinem Jubel verschiedene Uniformteile ins Feuer – Teile einer preußischen Ulanenuniform, einen hessischen Soldatenzopf und einen österreichischen Korporalstock, sowie mehrere Bücher als reaktionär geltender Verfasser. Zu den in Form von entsprechend gekennzeichneten Makulaturballen symbolisch verbrannten Büchern gehörten die Germanomanie des jüdischen Schriftstellers Saul
Ascher , der sich abfällig über Ernst Moritz Arndt
und Friedrich Ludwig Jahn
geäußert hatte, sowie der 'Code civil', das französische Bürgerliche Gesetzbuch von 1804.
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Das Wartburgfest ermöglichte erstmals einen Gedankenaustausch zwischen den Führern der jungen Bewegung und trug entscheidend zur gegenseitigen Angleichung und
Anregung bei.
Bei den Verhandlungen prallten zunächst die Ansichten der Repräsentanten der alten landsmannschaftlichen Richtung und die der Wortführer der burschenschaftlichen Idee hart aufeinander, doch kam in der allgemeinen Begeisterung eine Versöhnung zustande, alle Gegensätze traten fürs erste zurück.
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Sehr schnell einigte man sich über die Gründung einer "Allgemeinen deutschen Burschenschaft"
als Gesamtverband. In den sogenannten "Neunzehn Punkten" legte der erste Jenaische Burschentag im März 1818 die Grundlage für eine Verfassung, die am 18. Oktober 1818 beim zweiten Burschentag zu Jena von 14 Vertretern von 14 Universitäten unterzeichnet wurde. Die "christlich-deutsche Ausbildung einer jeden leiblichen und geistigen Kraft zum Dienste des Vaterlandes" und "Einheit, Freiheit aller Burschen untereinander und möglichste Gleichheit aller Rechte und Pflichten", das waren die Ziele, die man sich setzte.
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Freilich stellte sich schon bald heraus, dass die Zusammenfassung der ganzen Studentenschaft nicht zu erreichen war, Konzessionen waren nicht zu umgehen. Die abseits stehenden Burschen sollten in ihrer Freiheit geschützt, aber dem Gesetz des allgemeinen Burschenbrauches untergeordnet werden. Die neben der Burschenschaft bestehenden Verbindungen wollte man durch Überzeugung gewinnen.
Eine der unmittelbaren Folgen des Wartburgfestes und der beiden folgenden Burschentage war die Ausbreitung des burschenschaftlichen Gedankens auf nahezu alle deutschen Universitäten, auch auf die vornehmlich von katholischen Studenten besuchten Hochschulen in Breslau, Würzburg, Freiburg i. Br. und die neue Hochschule in Bonn. Konfessionelle und partikularistische Gegensätze wurden ausgeglichen oder zumindest überdeckt.
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Zugleich zeichnete sich aber auch am Horizont eine Gegenbewegung ab: Die sehr freimütigen Reden hatten dem jungen Bund die erbitterte Feindschaft einflussreicher Männer eingetragen und die Aufmerksamkeit der Behörden auf ihn gelenkt. Schon setzten die ersten Verfolgungen ein. Die von den burschenschaftlichen Führern unter Beteiligung des Jenaischen Historikers Luden verfassten "Grundsätze und Beschlüsse des 18. Oktobers" wurden, da man im letzten Augenblick die Gefahr für den Bestand der Burschenschaft sah, nicht zum Druck gegeben. Diese Denkschrift nahm das nationale Programm der nächsten fünfzig Jahre vorweg; sie forderte staatliche, wirtschaftliche und kirchliche Einheit, einheitliches deutsches Recht, verfassungsmäßige Erbmonarchie, Rede- und Pressefreiheit, Gleichheit vor dem Gesetz, Selbstverwaltung, öffentliches Gerichtsverfahren und Geschworenengerichte, allgemeine Wehrpflicht, selbstbewusste Machtpolitik. Die Formulierungen der "Grundsätze und Beschlüsse des 18. Oktober" sind teilweise wortgetreu in die Paulskirchenverfassung von 1849
eingeflossen.
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Die Ermordung des in weiten Kreisen als russischer Spion und "Verkörperung undeutschen Wesens" geltenden August von Kotzebue
durch den Burschenschafter Karl Ludwig Sand
sollte für das Schicksal der Burschenschaft schreckliche Folgen haben. Obwohl diese in ihrer Mehrheit den überspannten Vorstellungen
Sands fernstand, wurde ihr die Verantwortung für seine Tat zugeschoben. Im August 1819 fassten deutsche Minister unter dem Vorsitz des österreichischen Staatskanzlers Metternich die "Karlsbader Beschlüsse"
, die am 20. September 1819 vom Bundestag verkündet wurden. Für alle deutschen Hochschulen wurden Regierungsbevollmächtigte bestellt, die über die politische Gesinnung der Professoren und Studenten und die Einhaltung der Disziplin wachen sollten. Die Lehrer aller Art wurden für den Fall der Verbreitung "verderblicher" Lehren mit der Entfernung aus dem Amt bedroht.
Den Mitgliedern der Burschenschaft wurde der Zugang zu allen Ämtern versperrt.
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Die Folgen dieser Unterdrückungspolitik waren von großer Tragweite. Für Jahrzehnte wurde die nationale Entwicklung Deutschlands gehemmt und das Bürgertum als Träger des politischen Willens ausgeschaltet. Die burschenschaftliche Bewegung kam zwar nicht zum Erliegen, wurde aber zur Geheimbündelei gedrängt, die eine ruhige, kontinuierliche Fortentwicklung der politischen Auffassungen unmöglich machte..
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Die "Allgemeine Deutsche Burschenschaft" erstand erneut, und auf den Burschentagen in Dresden (1820), Streitberg (1821) und im Odenwald (1822) wurde eine neue, den veränderten Verhältnissen angepasste Verfassung ausgearbeitet, wobei am alten christlich-deutschen Prinzip festgehalten wurde. Stärker als zuvor wurde eine unmittelbare politische Tätigkeit abgelehnt und die wissenschaftlich-sittliche Aufgabe der Burschenschaft in den Vordergrund gestellt.
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