Max
von Pettenkofer
* 3. Dezember 1818 in Lichtenheim
b. Neuburg/Donau
† 10. Februar 1901 in München
Deutscher Chemiker und Hygieniker.
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Pettenkofer wurde als fünftes Kind einer Bauernfamilie auf
einem Einödhof im Donaumoos geboren. Sein Patenonkel, der Königlich Bayerische Hof- und Leibapotheker Dr. Franz Xaver Pettenkofer
holte ihn nach München in seine Wohnung und ließ ihn auf seine Kosten ein Gymnasium besuchen.
Eigentlich wollte Pettenkofer Philologie studieren und Lehrer werden, aber sein Onkel, der in ihm seinen Erben sah, drängte ihn, stattdessen Pharmazie zu belegen. Während des Studiums verließ
der junge Pettenkofer nach einer Auseinandersetzung mit
seinem Onkel dessen Wohnung und versuchte sich in Regensburg und Augsburg unter dem Künstlernamen
»Tenkof« als Schauspieler, bis er sich mit seinem Onkel versöhnte.
Nach der Promotion zum Dr. med. und der Approbation als Apotheker – beides im Jahr 1843 – ging er nach Würzburg, um sich näher mit Chemie zu beschäftigen.
Im Alter von 26 Jahren wurde er Assistent von Justus von Liebig
in Gießen, der die Grundlagen der organischen Chemie gelegt hatte.
Ohne Aussicht auf eine Anstellung in Gießen kehrte
Pettenkofer nach München zurück, wandte sich zunächst der Dichtkunst zu und verfasste die erst 1890 veröffentlichten „Chemischen Sonette“. 1845 nahm er eine Stellung in der
königlich bayerischen Münze an, wo er ein neues Verfahren zur verfeinerten Gewinnung von Gold, Silber und Platin
entwickelte. Das hiermit gesicherte Einkommen ermöglichte es ihm, im Juni 1845 seine Cousine Helene zu
heiraten.
Auf Empfehlung König Ludwigs I.
wurde Pettenkofer 1847 von der Universität München als außerordentlicher Professor für medizinische Chemie berufen.
Für König Ludwig I. hatte er eine Methode zur Herstellung antiken Purpurglases entwickelt. Dem Hofbaumeister Leo von Klenze
ersparte Pettenkofer die Einfuhr teuren Zements aus England, indem er deutsche Hersteller in die Lage versetzte, besseren Zement zu produzieren. 1850
erhielt er – nach dem Tod seines Onkels – die Ernennung zum Vorsteher der Königlich Bayerischen Hof- und Leibapotheke in München.
Bereits seit 1847 wurde hier „Liebig's Fleischextrakt“
hergestellt und verkauft; seit 1862 war Pettenkofer an einem wirtschaftlich sehr erfolgreichen Unternehmen beteiligt, das Fleischextrakt aus Uruguay importierte.
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Sein Verfahren zur Gewinnung von Leuchtgas aus Holz wurde 1851 bei der Beleuchtung des neuen Münchner Bahnhofs angewandt.
In der Münchner Residenz – in der er selbst wohnte – untersuchte Pettenkofer die Auswirkungen einer neu eingebauten Zentralheizung und empfahl König Maximilian II.
dann, Wassergefäße mit großen Oberflächen aufzustellen, um die Luftfeuchtigkeit zu erhöhen. Er befasste sich mit Fragen der Ernährung sowie des menschlichen Stoffwechsels.
1852 wurde Pettenkofer ordentlicher Professor.
Im Juli 1854 wurde in dem eigens für diesen Zweck errichteten Glaspalast in München die »Erste Allgemeine Deutsche Industrieausstellung« veranstaltet.
Drei Tage nach der Eröffnung der Ausstellung brach im Hoftheater ein Schweizer im Publikum zusammen: Er war das erste Opfer einer neuen Cholera-Epidemie, die bis zu einem Temperatursturz am 31. August dauerte.
2.974 von etwa 6.000 Erkrankten starben.
Auch Pettenkofer infizierte sich. Nach seiner Genesung begann er nach den Ursachen der Seuche zu suchen. Die ersten Ergebnisse veröffentlichte er 1855 in dem Buch »Untersuchungen und Beobachtungen über das Verbreitungsgebiet der Cholera nebst Betrachtungen über Maßregeln, derselben Einhalt zu
thun«. Aufgrund des Meinungsaustausches mit Kollegen sowie seiner
Auswertungen kam Pettenkofer zu dem Schluss, dass Ernährung und Trinkwasser, Kleidung und Körperpflege, Luft und Boden für die Gesundheit des Menschen von entscheidender Bedeutung sind.
1865 übernahm Pettenkofer den weltweit ersten Lehrstuhl für Hygiene an der Universität München. Als
ihm 1872 die Errichtung eines eigenen Hygiene-Instituts in Wien angeboten wurde, versprach ihm auch König Ludwig II.
ein neues Gebäude in München, um ihn zu halten. Von 1876 bis 1879
wurde sein Hygiene-Institut gebaut.
Pettenkofer drängte die Stadt München, Maßnahmen zur Seuchenprophylaxe durchzuführen. Auf seinen Vorschlag hin wurden die rund 800 an verschiedenen Stellen der Stadt das Grundwasser verunreinigenden Schlachtereien durch einen zentralen Schlachthof ersetzt. Trinkwasserquellen für München wurden 1867 bei Thalkirchen und 1881 im Mangfalltal erschlossen.
Nach einer weiteren Cholera-Epidemie 1873, der noch einmal 362 Personen zum Opfer fielen,
wurde im Jahr darauf nach Pettenkofers Vorschlag mit dem Bau von Abwasserkanälen in München begonnen.
Da die Erkrankungen an Cholera und Typhus in München
jetzt merklich zurückgingen, interessierten sich auch andere Stadtverwaltungen für seine Ideen.
1883 wurde Pettenkofer in den erblichen Adelsstand erhoben. Anlässlich seines 70. Geburtstages gründete die Stadt München die Pettenkofer-Stiftung, die seither alle zwei Jahre den Pettenkofer-Preis für hervorragende Leistungen auf dem Gebiet der Hygiene verleiht. Von 1890 bis 1899 war Pettenkofer Präsident der Bayerischen Akademie der Wissenschaften.
Pettenkofer erkannte zwar die 1883 von Robert Koch
entdeckten Vibrionen als Cholera-Erreger an, blieb
jedoch von seiner Hypothese überzeugt, die Mikroorganismen
bedürften aus dem Boden aufsteigender infektiöser Gase
um wirksam zu werden und Cholera- und Typhus-Epidemien
zu entfachen. Um die seiner Überzeugung widersprechende Lehre von
den allein krank machenden Mikroben zu widerlegen, trank der dreiundsiebzigjährige
Pettenkofer in München am 7. Oktober 1892 vor Zeugen eine frische Kultur der Bakterien, die Robert Koch
1884 in Ägypten als Erreger der Cholera ausgemacht hatte. Pettenkofer hatte Glück und kam mit einer heftigen Diarrhöe davon, möglicherweise, weil er durch seine Erkrankung im Jahr 1854 noch immer resistent gegen den Erreger war.
Ende 1893 zog sich Pettenkofer in sein Sommerhaus in Seeshaupt zurück. Seine Frau war bereits 1890 – nach 48 Ehejahren – gestorben. Geplagt von zunehmenden Schmerzen und Depressionen erschoss sich Pettenkofer
im Alter von 82 Jahren in seiner Hofapotheker-Wohnung in der Münchner Residenz.
Pettenkofer veröffentlichte insgesamt mehr als 20 Monographien und 200 Originalartikel in wissenschaftlichen und medizinischen Zeitschriften. Seine Verdienste als Begründer der Hygiene, Wegbereiter der Umweltmedizin, experimenteller Feldforscher, Chemiker und Ernährungsphysiologe waren bahnbrechend und sind weltweit anerkannt. Die medizinische Chemie verdankt ihm zudem brauchbare Nachweismethoden für Zucker, Harnbestandteile und Arsen.
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Zitat
Wir schicken von Zeit zu Zeit (leider nur) unsere Leibwäsche an unserer statt ins Bad.
Pettenkofer über seinen Selbstversuch
Selbst wenn ich mich täuschte und der Versuch
lebensgefährlich wäre, würde ich dem Tode ruhig ins
Auge sehen; denn es wäre kein leichtsinniger oder
feiger Selbstmord, ich stürbe im Dienste der
Wissenschaft, wie ein Soldat auf dem Felde der Ehre;
Gesundheit und Leben sind … allerdings sehr hohe
irdische Güter, aber doch nicht die höchsten für
den Menschen. Der Mensch, der höher stehen will als
das Tier, muss bereit sein, auch Leben und Gesundheit
für höhere ideale Güter zu opfern.
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